„Weißt du, wie das wird?“

Vortrag von Dr. Christian Becker im Rahmen des Wirtschaftsstrafrechtlichen Gesprächskreises

Das Konstrukt des Gefährdungsschadens im Strafrecht wurde in seiner Legitimation in der deutschen Strafrechtsdogmatik selten in Frage gestellt. Dabei ist die Annahme eines Schadens und damit einer Strafbarkeit gestützt auf eine Prognose keineswegs unbedenklich.

Dr. Christian Becker, wissenschaftlicher Assistent an der Bucerius Law School, hat sich dem Thema Gefährdungsschaden in seiner Habilitationsschrift gewidmet und einige Thesen aufgestellt, die er in einem Vortrag im Rahmen des Wirtschaftsstrafrechtlichen Gesprächskreises am 29.11.2016 überblicksweise vorstellte.

Nachdem er kurz die Struktur des Gefährdungsschadens erläutert und die teilweise widersprüchliche Rechtsprechung des Reichsgerichts zum Thema analysiert hatte, ging Becker auf den Sachverständigen als möglichen Ausweg aus dem Dilemma ein. Dessen Prognosen seien statistisch betrachtet häufig reiner Zufall und blendeten die Unsicherheit über den Eintritt eines Vermögensschadens aus, anstatt sie zu reduzieren.

Er plädierte daher dafür, dass das Strafrecht nicht weiterhin die Ungewissheit über den Eintritt eines Erfolges als Schaden werten solle. Stattdessen schlug er vor, auf den Gefährdungsschaden ganz zu verzichten und auch bei Vermögensdelikten das Unmittelbarkeitsprinzip nicht mehr anzuwenden. Bei Tötungsdelikten sei es schließlich völlig unzweifelhaft, dass der Erfolg erst dann eintritt, wenn das Opfer tot ist, mag dies auch erst eine längere Zeit nach der Handlung geschehen. Eine solche ex-post-Betrachtung sei auch bei Vermögensdelikten angebracht.

Im Anschluss beantwortete Becker noch die Fragen der anwesenden Professoren und Studierenden, die neben der möglichen gesetzgeberischen Reaktion auf die Abschaffung des Gefährdungsschadens insbesondere auf die Differenzierung zwischen Verletzung und Gefährdung sowie eine mögliche Flucht des Täters in die Komplexität abzielten.

Autor*in

Pablo Cardenal, Student

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