Vor 70 Jahren kapitulierte die deutsche Wehrmacht offiziell und beendete damit zumindest in Westeuropa den Zweiten Weltkrieg. Doch wie hat sich Deutschland zu beiden Seiten der Mauer nach diesem Datum entwickelt und welche gesellschaftlichen Wandlungen hat es besonders in militärischer Hinsicht gegeben?
Über diese und ähnliche Fragen diskutierte das Podium in der vierten Veranstaltung der Reihe
„ Deutschland 1945/2015 – Fragen an die Zeitgeschichte‘‘, die vom Studium generale in Kooperation mit der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius organisiert wird.
Zu Gast waren diesmal Ute Frevert, Historikerin und Leiterin des Forschungsbereiches „Geschichte der Gefühle‘‘ beim Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, und Ali Samadi Ahadi, ein aus dem Iran stammender Filmemacher („Salami aleikum“, „Lost Children“). Ralph Bollmann, Korrespondent für Wirtschaftspolitik bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, moderierte das Gespräch.
Frevert beleuchtete zunächst die historische bedeutsame Beziehung der Deutschen zum Militär seit der Staatsgründung 1871, die auch nach dem Ersten Weltkrieg keinen Schaden genommen habe. Ahadi berichtete am Beispiel von Uganda, welche Auswirkungen ein Krieg auf eine Gesellschaft hat, und stellte die These auf, dass die romantische Anziehungskraft des Militärs überall nur so lange wirke, bis es einmal eingesetzt werde und seinen Glanz verliere.
Er kritisierte, dass Deutschland sich seit Ende des Zweiten Weltkrieges gerne als ziviles Land darstelle und kriegerische Konfliktlösungen häufig den US-Amerikanern überlasse. Auf der anderen Seite profitiere Deutschland seit den 70er – Jahren unter Einsatz von politischem wie wirtschaftlichem Druck von ebenjenen Konflikten. So sei es im Iran-Irak-Krieg gewesen und ebenso im Kosovo der 90er Jahre. Er betonte, dass Deutschland nach wie vor einer der größten Waffenexporteure der Welt sei, und plädierte dafür, Militarismus und wirtschaftlichen Druck zusammengeschlossen zu betrachten.
Die Diskutanten waren sich einig, dass Deutschland nicht nur die Vorteile, sondern auch die negativen Folgen der immer weiter vorangetriebenen Globalisierung zu tragen habe. Frevert konstatierte außerdem, dass militärische Gewalt in Zukunft keine dauerhaften Lösungen schaffen, eine Nation aber ohne zumindest die Androhung solcher nicht bestehen könne.
Im Anschluss beantwortete das Podium die Fragen der Gäste.