8. Herbsttagung des Bucerius CLP

Die Entwicklung des Verbraucherschutzes sowie die Digitalisierung des Rechts sind Themen, die die Branche in Zukunft auf vielfältige Weise herausfordern werden

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Am 15. November 2018 fand an der Bucerius Law School die 8. Herbsttagung des Bucerius Center on the Legal Profession (CLP) statt, die unter dem Thema stand: „Attacke! Die Massenkläger kommen – Neue Herausforderungen für Unternehmen und ihre Rechtsberater“. Nach einer kurzen Begrüßung durch das CLP, den Geschäftsführer Dr. Patrick Schroer sowie Prof. Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt und Markus Hartung für das Direktorium, ging es im mit über 250 Teilnehmern gut besetzten Auditorium direkt „in medias res“. Im Format von “Bucerius Talks“ stellten sich die verschiedenen „Player“ im Massenverfahren vor. Die Runde deckte aus der Perspektive der „Angreifer-Kanzlei“ und von ihnen genutzten Plattformen, von Prozessfinanzierern und von Verteidigern die aktuellen Themen ab, die sich bei der Bearbeitung solcher Massenverfahren stellen. Bemerkenswert war der insoweit bestehende Konsens, dass sich die Führung solcher Mandate erheblich von der klassischen Tätigkeit des Anwalts und dem dazugehörigen Berufsbild unterscheide. Projektmanagement spiele eine sehr wesentliche Rolle, und ohne die heute schon viel selbstverständlicher zum Einsatz kommenden Legal Tech-Lösungen, seien solche Verfahren nicht mehr zu bewältigen. Einer der Referenten provozierte in diesem Zusammenhang bewusst mit der Behauptung, Mandanten würden in solchen industriell organisierten Abläufen eher stören. Es überraschte deshalb nicht, dass über die mittels eines Online-Tools mögliche, interaktive Beteiligung der Zuhörer die Frage aufgeworfen wurde, inwiefern diese zuvor skizzierte „Industrialisierung der Rechtsberatung“ noch den anwaltlichen Berufs- und Sorgfaltspflichten genüge.

Weiter ging es mit einem prominent besetzten Panel mit Vertretern aus Politik, Verbänden und Anwaltschaft, das sich mit neuen Klagerechten gegen Konzerne befasste. Im Fokus stand hier insbesondere die zum 1. November 2018 neu eingeführte Musterfeststellungsklage. Ob diese bereits ein Meilenstein für Verbraucher oder nur als ein erster Schritt in Richtung eines verbesserten Verbraucherschutzes zu bewerten sei, wurde unter den Teilnehmern engagiert diskutiert. Man war sich aber weitgehend einig, dass zunächst die ersten Erfahrungen mit dem neuen Klageinstrument abgewartet werden sollten, bevor etwaiger weiterer Reformbedarf zu diskutieren sein wird. Zusätzlichen Schwung in die Debatte würden – so wurde diskutiert – auch die Vorschläge der Europäischen Kommission für eine kollektive Rechtsdurchsetzung, der „New Deal for Consumers“ bringen. Der Seitenblick in das „Mutterland der Sammelklage“, die USA, durfte hier erwartungsgemäß nicht fehlen, und die Panelteilnehmer diskutierten engagiert und mit hoher Sachkenntnis ein schwieriges Thema, das zu häufig nur mit pauschalen Begriffen behandelt wird.

Im Nachmittagsprogramm beschäftigten sich die Teilnehmer in verschiedenen Workshops mit aktuellen Trends im Rechtsmarkt und Massenverfahren im Rechtsvergleich und ihre Finanzierung. Zeitgleich konnten zahlreiche Start-Ups ihre Ideen im Auditorium der Law School „pitchen“. Die Veranstaltung wurde abgerundet durch Masterclasses, die im „Silent Disco-Format“ in den Pausen und parallel zu den Workshops angeboten wurden und sich mit verschiedenen Themen von der Optimierung der täglichen Arbeitsabläufe in der Rechtsabteilung bis hin zum kleinen Einmaleins der „Bearbeitung von Massenklagen“ befassten.

Alle Themen der Tagung zeigten deutlich, wie das steigende Bewusstsein über die Verbesserungsnotwendigkeit des Verbraucherschutzes gemeinsam mit der Digitalisierung des Rechts die Branche in der Zukunft auf vielfältige Weise herausfordern wird. Dabei wird es nicht zuletzt darum gehen, neue Geschäftsmodelle an eine gesetzliche Regulierung anzupassen, die – jedenfalls noch – weitgehend die klassische Mandatsbearbeitung von Einzelfällen vor Augen hat. Ein ausführlicher Tagungsbericht folgt in Kürze.

Text

Christina Valdini & Dr. Marcus Lerch, Freshfields Bruckhaus Deringer

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