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Das Verbot der Leihmutterschaft auf dem Prüfstand

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Die Leihmutterschaft ist, obwohl in Deutschland gesetzlich verboten, immerwährender Gegenstand öffentlicher Debatten. Dabei werden neben rechtlichen insbesondere auch moralische und kulturelle Argumente sowohl von Befürwortern als auch von Gegnern bemüht.

Das Institut für Medizinrecht i.G. an der Bucerius Law School organisierte daher eine medizinrechtliche Tagung zum Thema, die den Titel „Psychologische und rechtliche Implikationen der Leihmutterschaft“ trug und am 23.11.2016 an der Bucerius Law School stattfand. Als Redner waren Professor Dr. Michael Schulte-Markwort, unter anderem ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik am Universitätsklinikum Eppendorf, Professor Dr. Anne Röthel, Inhaberin des Lehrstuhls Privatrecht I an der Bucerius Law School sowie Dr. Chris Thomale, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für ausländisches und internationales Privatrecht an der Universität Heidelberg, geladen.

Nach einleitenden Worten von Professor Dr. Jens Prütting, Juniorprofessor an der Bucerius Law School und Professor Dr. Katharina Boele-Woelki, Präsidentin der Bucerius Law School gab zunächst Schulte-Markwort eine Übersicht über die kinderpsychiatrischen Aspekte der Leihmutterschaft.

Es gäbe zwar kaum Langzeitstudien über die Thematik, jedoch betonte er, dass es angesichts der Erfahrungen mit Adoptivkindern, Kindern aus In-vitro-Fertilisation und Kindern mit „gay parents“ keinen Grund zu der Sorge gäbe, dass in Leihmutterschaft gezeugte Kinder in irgendeiner Form anfälliger für psychologische Krankheiten sein könnten. Es gäbe daher zumindest aus kinderpsychiatrischer Sicht keine Argumente gegen die Leihmutterschaft.

Im Anschluss sprach Röthel über Leihmutterschaft und reproduktive Autonomie. Nach einem kurzen Überblick über die aktuelle deutsche Rechtslage zum Thema beschäftigte sie sich eingehender mit der Frage, woher das Unbehagen der Leihmutterschaftsgegner herrührte.

Neben dem Recht, insbesondere der Menschenwürde, und der Kultur sei die Natürlichkeit ein beliebtes Argument der Gegner von Leihmutterschaft. Dabei werde insbesondere die (angebliche) Störung natürlicher Kindesentwicklung sowie die unnatürliche Aufspaltung von Schwangerschaft und genetischer Herkunft bemängelt. Röthel plädierte dafür, sich von der Vorstellung, alles was „natürlich“ ist, sei auch „gut“, zu verabschieden und stattdessen im Sinne einer aufgeklärten Gesellschaft das Recht auf reproduktive Autonomie anzuerkennen. Daraufhin gab sie mögliche Regelungsvorschläge.

Thomale hielt ihr in seinem Vortrag entgegen, Leihmutterschaft habe gerade nichts mit Autonomie zu tun, sondern ausschließlich mit Verträgen, die über ein ungeborenes Kind geschlossen würden. Dieses Vorgehen objektiviere das Kind zu einem Vertragsgegenstand und verstoße mithin gegen die Menschenwürde. Zudem kritisierte er den Inhalt der Verträge, die häufig einschneidende Eingriffe in den persönlichen Lebensbereich der Leihmutter beinhalteten. Auch warnte er vor einer weiteren Liberalisierung der Thematik, schließlich könne sich sonst bald eine fünfköpfige Wohngemeinschaft einfach ein Kind bestellen.

Im Anschluss beantworteten die Vortragenden unter Moderation von Prütting die Fragen der anwesenden Gäste.

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Pablo Cardenal, Student

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