Brennpunkt Betriebsratsvergütung

Veranstaltung des Hamburger Vereins für Arbeitsrecht mit Verleihung des Promotionspreises

750.000 € – so hoch ist das Gehalt von Bernd Osterloh, Vorsitzender des Gesamt- und Konzernbetriebsrats bei VW. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt derzeit unter anderem aufgrund der Bezüge von Osterloh wegen des Verdachts der Untreue gegen die Verantwortlichen bei VW. Doch ist diese Vergütung wirklich zu hoch? Wie sind Betriebsräte zu vergüten und wie sollten sie vergütet werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Veranstaltung des Hamburger Vereins für Arbeitsrecht (HVA) am 13. September 2017. Sie fand vor über 200 Gästen auf Einladung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in dessen frisch renovierten Räumlichkeiten im Besenbinderhof statt.

Zunächst trug Dr. Tino Frieling, wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Zivilprozessrecht, Bucerius Law School zur aktuellen Gesetzeslage und deren Umsetzung durch die Gerichte vor. Er erläuterte, dass das Betriebsratsamt ein Ehrenamt sei: Betriebsräte erhalten weiterhin ihr bisheriges Gehalt und kein zusätzliches Geld für die Betriebsratstätigkeit. Besonders schwierig werde es, wenn es um die Gehaltsentwicklung von freigestellten und seit längerer Zeit im Betriebsrat tätig Arbeitnehmern gehe. Nach dem Gesetz darf ihr Gehalt nicht geringer sein als das „vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung“. Unternehmen, die die besonderen Leistungen des Betriebsrats und Anforderungen an die Betriebsratsarbeit honorieren wollten, sei das laut Frieling aber kaum möglich. Umgekehrt sei es für Betriebsratsmitglieder kaum möglich, vor Gericht eine höhere Vergütung zu erstreiten, weil die Rechtsprechung sehr strenge Anforderungen stelle.

Frielings Ausführungen schloss sich Dr. Thomas Klebe in seinem Vortrag an. Er ist Leiter des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeitsrecht in Frankfurt a.M. und ehemaliger Justiziar des IG Metall-Vorstands. Die Regelung werde von Betriebsräten und Unternehmen als nicht praxisgerecht empfunden. Klebe stellte verschiedene Ansätze vor, die vorgeschlagen wurden, um die Regelung im Betriebsverfassungsgesetz zu reformieren, und bewertete sie. Er sprach sich dafür aus das Gesetz so zu ergänzen, dass bei der betriebsüblichen Entwicklung auch die Leistungen und im Betriebsrat gesammelten Erfahrungen berücksichtigt werden dürften. Auf diese Weise könne eine den Aufgaben angemessene Vergütung sichergestellt werden. Das Argument gegen eine Reform, es könne der Eindruck der Bestechlichkeit entstehen, wenn Betriebsräte höhere Gehälter bekämen, wies er zurück. Stattdessen sprach er sich für mehr Transparenz bei der Betriebsratsvergütung aus.

In der anschließenden von Professor Dr. Matthias Jacobs, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Zivilprozessrecht an der Bucerius Law School, moderierten Diskussion zeigte sich, wie sehr das Thema die betriebliche Praxis bewegt. Sowohl von Arbeitnehmer- als auch von Arbeitgeberseite wurde in zahlreichen Wortbeiträgen deutlich, dass die derzeitige gesetzliche Lage als ungerecht empfundene Ergebnisse hervorruft.

Im Rahmen der Veranstaltung verlieh Dr. Nina Tholuck außerdem den mit 2.000 € dotierten Promotionspreis des HVA. Die Jury überzeugten in diesem Jahr gleich zwei Arbeiten, sodass sie den Preis aufteilte. Prämiert wurde die Dissertation von Dr. Katharina Fischer mit dem Titel „Die Wiederholungskündigung“ sowie die Dissertation von Dr. Robert Peetz mit dem Titel „Die Übereinstimmung des deutschen Rechts mit der Maritime Labour Convention, 2006“.

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