Bucerius Greater China Talk: Systemwettbewerb mit China

Professor Dr. Sebastian Heilmann über Chinas Aufstieg als "Attacke auf die westliche Selbstgefälligkeit"

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Auf Einladung des Bucerius Alumni e. V. und des Studium generale ist Professor Dr. Sebastian Heilmann am 10. Mai 2017 in den bis auf den letzten Platz besetzten Heinz-Nixdorf-Hörsaal der Bucerius Law School gekommen, um einen Vortrag unter dem Thema "Systemwettbewerb – Warum Chinas Aufstieg unsere wirtschaftliche und politische Ordnung grundlegend herausfordert" zu halten.

Heilmann forscht am Lehrstuhl für Regierungslehre/Politik und Wirtschaft Chinas an der Universität Trier und ist Gründungsdirektor des Mercator Instituts für China-Studien (MERICS). Chinas Aufstieg könne zugespitzt als "Attacke auf die westliche Selbstgefälligkeit" bezeichnet werden, so Heilmann. Daher sei es unbedingt notwendig, dem fremden System offen und mit Neugier zu begegnen, um sich selbst ein Urteil bilden zu können.

Geopolitisch sei Pekings Ziel, chinazentrierte Logistik- und Kommunikationsnetze zu etablieren und dabei eine direkte Konfrontation mit den USA, als noch immer wirtschaftlich stärkste Kraft, zu verhindern. Hierbei komme China sein langfristiges Planungsvermögen zugute. Mittels von der Regierung auferlegter Langzeitpläne würden Megaprojekte wie Hochgeschwindigkeitsbahnnetze mit hohen Investitionen realisiert, die Chinas Wettbewerbsfähigkeit dramatisch erhöhen könnten. Die durch staatliche Planung gebündelten Kräfte büßten dabei auch nicht an Flexibilität ein. Denn es werden zwar zentrale Zielvorgaben aufgestellt, bei den zur Planrealisierung angewandten Mitteln dürfe aber lokal experimentiert werden.

Dem Westen fremd sei auch die von Peking entwickelte und auf big-data gestützte Marktregulierung mittels eines "Sozialen Bonitätssystems": Durch die digitale Erfassung aller Marktteilnehmer und umfassende Ratingsysteme sollen die Transparenz erhöht und Informationsasymmetrien vermindert werden. Ein System von "Social Credits", die je nach Regeltreue vergeben oder abgezogen würden, soll ermöglichen, dass sich Regulierungsvorschriften weitestgehend selbst durchsetzen.

Bei allen Stärken müsse aber auch an Chinas Verwundbarkeit erinnert werden. Risiken seien neben offenen Handelskonflikten mit den USA Finanzkrisen und eine Verminderung des Wirtschaftswachstums, die das schuldenfinanzierte Wirtschaftssystem an der Wurzel treffen könnte. Im Anschluss an den Vortrag verglich Stephan Kuntner, Leiter der Regionalgruppe „Greater China“ des Alumni e. V., mit Heilmann einzelne sozioökonomische Aspekte Deutschlands und Chinas, bevor die Diskussion für das Publikum geöffnet wurde.

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Text: Leon Blacher; Fotos: Fabian Hoell

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