Bucerius Law School Press: „Wir fördern Open Access“

Martin Vorberg, Bibliotheksleiter und Gründer des hochschuleigenen Verlags Bucerius Law School Press, über die analogen und digitalen Publikationsangebote für Wissenschaftler*innen

Forschung & Fakultät / Leitartikel |

Martin Vorberg, Jahrgang 1957, studierte Anglistik und Bibliothekswesen in Hamburg. Nach seinem Abschluss ging er zunächst an die Bibliothek der TU Hamburg, bevor er 2002 die Bibliotheksleitung an der Bucerius Law School übernahm. Heute ist er mit seinem Team für die gesamte Informationslogistik zuständig – und damit nicht nur für die Hauptbibliothek sowie die 20 Lehrstuhlbibliotheken und 5 Institutsbibliotheken, sondern auch für die Versorgung des gesamten Campus mit elektronischen Ressourcen, die Kooperation mit anderen Bibliotheken in Hamburg sowie das Fernleihsystem. 2012 schloss Vorberg ein vertiefendes Fernstudium in Bibliotheks- und Informationswissenschaft mit einem Master ab; seit zwei Jahren leitet er zusätzlich den hochschuleigenen Verlag, den er mit der Bibliothek fusionierte.

Vor acht Jahren gründete die Bucerius Law School mit der Bucerius Law School Press eine eigene Publikationsplattform. Warum?

Während einer Tagung zwei Jahre zuvor war ich auf den Göttinger Universitätsverlag gestoßen. Er veröffentlichte schon damals die Arbeiten seiner Wissenschaftler*innen nicht nur gedruckt, sondern auch digital. Das fand ich klasse. Denn Universitätsverlage, von denen die ersten großen im 16. Jahrhundert in Cambridge und Oxford entstanden sind, haben ja das Ziel, die Wissenschaftskommunikation zu unterstützen. Und das geschieht wie eben in Göttingen oder auch bei der Hamburg University Press inzwischen zunehmend hybrid. Natürlich dient ein Verlag auch der Reputation einer Hochschule. Uns ging es jedoch von Anfang an auch darum, nicht nur Tagungsbände und Konferenzberichte zu veröffentlichen, sondern vor allem unseren Doktorand*innen, die mit magna cum laude promovieren, einen besonderen Service bieten zu können.

Was zeichnet diesen Service aus?

Zur Auswahl stehen insgesamt vier Varianten: von einer rein digitalen und kostenlosen Publikation im Open Access über eine Basis- oder Profi-Version, bei der von den Autor*innen noch Eigenleistungen wie die Umformatierung ihres Textes gefordert wird, bis hin zu einem Premium-Paket, bei dem ich ihnen wirklich alles abnehme, einschließlich des Korrekturlesens. Das kostet dann 3500 Euro, was aber nur etwa einem Drittel bis der Hälfte von dem entspricht, was andere Verlage fordern. Innerhalb von zehn Arbeitstagen kann das Werk als Book-on-Demand produziert werden – bei den großen Verlagen dauert es leicht ein halbes Jahr.

Wie viele Dissertationen sind denn inzwischen von Bucerius Law School Press herausgegeben
worden?

Seit Gründung des Verlags wurden an der Hochschule etwa 300 Doktorarbeiten geschrieben, davon sind 30 bei uns erschienen. Das scheint nicht viel zu sein. Allerdings muss man wissen, dass sich nichts so schlecht im Buchhandel verkauft wie eine juristische Dissertation. Während pro Band durchschnittlich 15 gedruckte Exemplare käuflich erworben werden, werden sie zeitgleich 4 bis 500 Mal im Volltext heruntergeladen.

Also veröffentlichen inzwischen zu viele ausschließlich digital?

Nein, so mutig sind nur wenige – vielleicht einer von zehn. Das sind meist Menschen, die wissen, dass Open Access die maximale Sichtbarkeit und Verbreitung ihres Werks garantiert.

… und das sagen Sie als Bibliothekar?

Wir stehen für Open Access, weil wissenschaftliche Informationen dadurch auf ideale Weise verbreitet werden. Denn das Werk, an dem ein Doktorand zwei bis acht Jahre gearbeitet hat, ist innerhalb von zwei Stunden weltweit und gratis verfügbar.

Rechnen Sie damit, dass in Zukunft noch mehr Absolventen ihre Dissertationen bei Bucerius Law
School Press veröffentlichen?

Ich mache jedenfalls weiterhin fleißig Werbung für unseren Verlag. Ich schreibe jeden, der hier mit seinem Promotionsvorhaben beginnt, direkt an und mache sie oder ihn auf die Angebote des Verlags sowie die Leistungen von meinem Team und mir aufmerksam. Viele wenden sich aber geradezu reflexartig an die großen Verlage, die tatsächlich auch ganz andere Marketingmöglichkeiten haben als wir. Doch ich beobachte, dass die jungen Leute die E-Books, Datenbanken und digitalen Zeitschriften, die wir in unsere Bibliotheken aufgenommen haben, wie im Rausch konsumieren. Das stimmt mich sehr hoffnungsvoll, dass diese Generation dem Thema Open Access und unserem Verlag wesentlich zugeneigter sein wird. Denn ich sehe, wie viel sich in der Hinsicht schon entwickelt hat. Insofern: Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, unser Verlag ist ein Langstreckenprojekt.

Möchten Sie an der Bucerius Law School forschen?

Hier finden Sie weitere Infos https://www.law-school.de/forschung-fakultaet/wissenschaftlicher-nachwuchs

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Das Interview erschien zuerst im Bucerius Jahresheft zur Forschung 2018/2019 (pdf)

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