Die Rechtswissenschaft ist nicht alles im Leben

Dr. Johanna Croon-Gestefeld erzählt von ihrem Werdegang, ihrer Habilitation und macht Studierenden Mut – Forschungsheft 2021/22: Artikel #10

Forschung & Fakultät |

Wirken die Studierenden verunsichert, wenn sie Sie zum ersten Mal in der Vorlesung erleben?

Nein, das würde ich nicht sagen. Warum?

 

Ihr Lebenslauf macht einen schnell sprachlos …

Auch wenn sich manche vielleicht vorab meinen Lebenslauf angeschaut haben, spielt mein Werdegang für mich keine Rolle, wenn ich mit den Studierenden in Kontakt trete. Im Umgang mit ihnen geht es mir darum, dass ich die Inhalte vermittelt bekomme. Und dass sie Spaß an der Vorlesung haben.

 

Wie kam es zu den vielen Stationen in ihrem beruflichen Werdegang?

Dass mich mein Weg an die Bucerius Law School, die New York University School of Law, das Europäische Hochschulinstitut in Florenz und an die Yale Law School in New Haven führte, war auch mit einer ordentlichen Portion Glück verbunden. Für die Bucerius Law School habe ich mich beworben, weil ich Jura studieren und dabei über den Tellerrand hinausschauen wollte. Außerdem war die Großstadt etwas, das mich gereizt hat. Später bin ich nach Florenz gegangen, um meinen Master im europäischen Recht zu machen. Der Betreuer meiner Masterarbeit hat mir angeboten, dort auch die Doktorarbeit anzuschließen. Mit ihm hatte ich einen sehr guten Mentor, der mir ans Herz gelegt hat, in der Wissenschaft zu bleiben.

 

Mit welchen Fragen haben Sie sich in ihrer Habilitationsschrift auseinandergesetzt?

Unter dem Titel „Gemeininteressen im Provatrecht. Eine Betrachtung der privatrechtlichen Leiterzählung“ beschäftigte ich mich mit der Frage, wie überindividuelle Interessen, die nicht bestimmten Personen zugeordnet werden können, im Privatrecht Berücksichtigung finden und weshalb sich die Annahme hält, dass der Einfluss dieser Interessen dem Privatrecht wesensfremd ist. Es ist zum Beispiel eigentlich klar, dass es Gemeininteressen wie zum Beispiel den Umweltschutz auch im Privatrecht gibt. Und trotzdem werden sie im Privatrecht teilweise wie Fremdkörper behandelt. Ich habe versucht, diesen Mechanismen nachzuspüren.


Gab es Momente, in denen Sie an diesem „opus magnum“ verzweifelt sind?

Verzweifelt nicht, weil mir das wissenschaftliche Arbeiten viel Freude macht. Und meine Habilitationsmutter Prof. Anne Röthel hat mich immer sehr unterstützt. Die größte Herausforderung bestand darin, die Arbeit während der Pandemie fertigzustellen, weil ich vieles gleichzeitig unter einen Hut bekommen musste.

 

Was ist Ihnen bei Ihrer Lehrtätigkeit besonders wichtig?

Die Studierenden sollen die Vorlesungen gerne besuchen. Ich möchte Inhalte vermitteln, möchte ihnen aber auch den Raum geben, sich dem Stoff mit eigenem kritischen Denken zu nähern.

 

Neben der Lehre forschen Sie. Welche Themen liegen Ihnen am Herzen?

Ganz grundsätzlich interessieren mich alle Themen, die an der Schnittstelle von Öffentlichem Recht und Privatrecht liegen. Nach wie vor beschäftigt mich das Nicht-Diskriminierungsrecht. Ansonsten ist Elternschaft gerade etwas, mit dem ich mich juristisch näher befassen möchte. Und Kollektivrechte und subjektive Rechte – also die Frage, wem Rechte zustehen.

 

Was raten Sie Studierenden, die ganz am Anfang ihres Studiums stehen?

Sich klarzumachen, dass Jura nicht alles ist. Und sich die Freude und Neugierde zu bewahren. Ich weiß, dass das nicht einfach ist, wenn man sich gerade auf die Examina vorbereitet. Es ist ratsam, für sich selbst herauszufinden, was einem an Jura Spaß macht. So weiß man, dass man eines Tages dorthin zurückkehren kann. Um sich den Themen zu widmen, die einem wirklich am Herzen liegen.

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