Am 1. Juni 2022 waren der FDP-Politiker und Jurist Gerhart Baum und die Bündnis 90/Die Grünen-Politikerin und Alumna der Bucerius Law School Lena Zagst, im Auditorium der Bucerius Law School zu Gast. Moderiert von Matthias Naß, internationaler Korrespondent der ZEIT und Juryvorsitzender des Marion-Dönhoff-Preises, sprachen die beiden, geprägt durch die Perspektiven ihrer jeweiligen Generation, über Freiheit – ein Thema, das angesichts des Krieges in Europa nicht aktueller sein könnte.
Mit der Erinnerung an den Gründer der ZEIT und Stifter der Bucerius Law School, Gerd Bucerius, ist auch die Person Marion Gräfin Dönhoff eng verbunden. Das Engagement der ZEIT-Chefredakteurin für Verständigung und Versöhnung prägte die nachkriegsdeutsche Gesellschaft. Um das Erbe dieser großen Journalistin lebendig zu halten, verleihen die ZEIT, die ZEIT-Stiftung und die Marion Dönhoff Stiftung seit 2003 den Marion-Dönhoff-Preis. Aktueller Hauptpreisträger ist Gerhart Baum. Als Bundesinnenminister unter Kanzler Helmut Schmidt oder auch langjähriger Leiter der deutschen Delegation der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen widmete Baum sein politisches Leben und Wirken der Verteidigung der Freiheit. In seinem 2021 erschienenen Buch „Freiheit. Ein Appell“, skizziert er aktuelle Bedrohungen der Freiheit und somit auch unserer demokratischen Gesellschaften.
Lena Zagst ist seit März 2020 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und der GRÜNEN Fraktion, seit Juni 2021 als stellvertretende Fraktionsvorsitzende. In der Bürgerschaft vertritt sie den Wahlkreis Hamburg-Mitte.
Freiheit in Zeiten des Krieges
Der Moderator Matthias Naß eröffnete das Gespräch mit dem Thema Krieg und der Frage, wie die Freiheit gegen Aggressionen von außen verteidigt werden könne. Gerade jetzt, wo mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine diese Aggression mitten in Europa stattfinde. Gerhart Baum, der als Kind den zweiten Weltkrieg miterlebt hatte, sieht unser aller Freiheit ernsthaft bedroht, weil es diesem Ereignis gegenüber an Einheitlichkeit und Stabilität der Weltgemeinschaft fehle.
Lena Zagst rief in Erinnerung, dass die GRÜNEN ihre Wurzeln in der Friedensbewegung haben. Und auch sie selbst habe ihre Kindheit in Friedenszeiten erlebt. Dennoch betonte sie, dass Frieden nicht mit Sicherheit gleich zu setzen sei, da ihre Generation mit der Unsicherheit und Gefahr weltweiter Terroranschläge aufgewachsen sei. Die aktuelle Situation bringe sowohl sie als auch ihre Partei in eine schwierige Situation: Den Zwiespalt zwischen den parteiinternen Grundsätzen und dem Wunsch der Ukraine solidarisch gegenüberzustehen.
Freiheit in Zeiten der Pandemie
Im Zuge der Corona-Pandemie, so das Podium, bekam die Frage der individuellen Freiheit eine neue Wichtigkeit. Baum erkannte die Notwendigkeit an, Freiheiten einzuschränken, wenn andere höchst gewichtige Güter, wie die Gesundheit, gefährdet seien. Zagst reflektierte rückblickend Grenzüberschreitungen in den Einschränkungen und betonte die Notwendigkeit eines Maßstabs für die Reichweite der staatlichen Schutzpflicht.
Freiheit in der Klimakrise
Gerhart Baum stellte die Fragen, wie sehr wir unsere Freiheiten für eine Bewältigung bzw. Eindämmung der Klimakrise einschränken müssten. Reiche unser Freiheitsverständnis dafür aus, diese Krise zu bewältigen, oder ist es zu weitreichend? Lena Zagst war sich sicher, dass sich die Gesellschaft in ihren Freiheiten werden einschränken müsse, fraglich sei nur wie weit.
Das Gespräch endete mit sehr interessierten Fragen aus dem Publikum. Der Abend brachte viele neue Denkanstöße und regte zur Diskussion an, die beim Empfang danach lebhaft weitergeführt wurde.
Es handelte sich um eine gemeinsame Veranstaltung mit der ZEIT-Stiftung und dem Studium generale der Bucerius Law School in Kooperation mit der ZEIT.