„Flucht aus der Pflichtteilsfalle?“

Bericht zum 3. Werkstattgespräch des Notarrechtlichen Zentrums Familienunternehmen

Forschung & Fakultät |

Auch in diesem Jahr veranstalte das erst vor 6 Jahren gegründete, seitdem aber stetig wachsende Notarrechtliche Zentrum Familienunternehmen (NZF), das von der Hamburgischen Notarkammer, der Deutschen Notarrechtlichen Vereinigung e.V. und der Bucerius Law School getragen und zudem durch die Fritz und Johanna Buch-Gedächtnisstiftung unterstützt wird, ein praxisorientiertes Werkstattgespräch. Der Einladung des NZF in den Moot Court der Bucerius Law School folgten am 31. Mai 2016 mehr als 100 Interessierte, Freunde und Unterstützer, die sämtliche Säulen der Justiz repräsentierten. So waren nicht nur Vertreter der rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe sowie Vertreter der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, sondern unter anderem auch der Vizepräsident des Oberlandesgerichts Hamburg, Herr Dr. Guido Christensen, und damit ein Vertreter der Judikative vor Ort.

Nach einer herzlichen Begrüßung durch die Präsidentin der Bucerius Law School, Frau Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Katharina Boele-Woelki und einleitenden Worten von Herrn Dr. Axel Pfeifer, dem Vizepräsidenten der Hamburgischen Notarkammer und Notar in Hamburg, wurde sich der Thematik des Abends und damit der Frage zugewandt, ob grenzüberschreitende Gestaltungen eine Flucht aus dem deutschen Pflichtteilsrecht ermöglichen. Diese Themenwahl ist auch deshalb auf eine so große Resonanz gestoßen, weil das deutsche Pflichtteilsrecht mitunter als anachronistisches Hemmnis sinnvoller Nachfolgeplanung in Familienunternehmen betrachtet wird und es aufgrund dessen gerade in der Gestaltungspraxis der Rechtsanwälte und Notare eine besondere Rolle spielt.
Zur Erörterung und Vertiefung der damit einhergehenden Fragen wurden zunächst von Frau Prof. Dr. Anne Röthel, Herrn Prof. Dr. Jens Prütting, LL.M. oec, die zusammen mit Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt und Dr. Christian Bochmann, LL.M.(Cambridge) das Direktorium des NZF bilden, sowie von Frau Dr. Andrea Tiedemann, Rechtsanwältin bei der Sozietät Brödermann Jahn Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Impulsreferate gehalten.
Den Anfang dabei machte Frau Prof. Dr. Röthel, die zunächst den Themenkomplex Flucht und Pflichtteilsfalle erläuterte und hierbei vor allem auf die Fragen einging, warum gerade dieses Thema für Familienunternehmen so schwierig erscheint und weshalb sich das deutsche Recht hinsichtlich dieser Thematik als so sperrig erweist.
Daran anknüpfend befasste sich Herr Prof. Dr. Prütting mit den Fragen, wie der deutsche Familienunternehmer in ein anderes als das deutsche Recht gelangen kann und welche Chancen sich für ihn daraus ergeben. Zu diesem Zwecke erläuterte er, in welches Recht sich eine Flucht überhaupt lohnen würde und wie ein solches Entkommen aus dem deutschen Recht nach dem internationalen Privatrecht möglich gemacht werden kann.
Den Abschluss der Impulsreferate bildete Frau Dr. Tiedemann, die im Rahmen ihres Vortrags bezugnehmend auf die beiden vorherigen Referate insbesondere auf die Frage einging, worauf aus anwaltlicher, gestalterischer Sicht unter Berücksichtigung der neuen EU-ErbVO bei der Flucht aus der Pflichtteilsfalle ein besonderes Augenmerk zu legen ist. Darüber hinaus erläuterte sie aber auch die Risiken des umgekehrten Falles, in dem die Pflichtteilsfalle erst droht.  

Anschließend an diese hervorragenden Vorträge wurde unter Beteiligung der Referenten eine Podiumsdiskussion eröffnet. Moderiert wurde diese von Herrn Dr. Malte Ivo, seinerseits Notar in Hamburg und Mitglied des Kuratoriums des NZF. Auch der auf diese Weise erfolgende Austausch zeugte von einer regen und sehr interessierten Beteiligung des Auditoriums.

Den Abschluss des 3. Werkstattgesprächs des NZF bildete im Anschluss an die wahrhaft lebhafte Diskussion ein gemütliches Zusammenkommen bei einem Gläschen Wein und kleinen Köstlichkeiten in der Süd Lounge der Bucerius Law School; in Rahmen dessen konnten die Gespräche und Diskussionen weitergeführt und neue Kontakte geknüpft werden.  

Auch zur nächsten Veranstaltung des Notarrechtlichen Zentrums Familienunternehmen, der  5. Jahrestagung am 28. Oktober 2016 zum Thema „Strategie und Führung in Familienunternehmen“, laden wir Sie schon jetzt ganz herzlich ins Auditorium der Bucerius Law School ein. Nähere Informationen dazu werden in Kürze auf der Homepage des Notarrechtlichen Zentrums Familienunternehmen (zu erreichen über www.law-school.de) abrufbar sein.

Text

Dipl.- iur. Paul Schirrmacher, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Juniorprofessur für das Recht der Familienunternehmen gestiftet von Gebr. Heinemann SE & Co. KG (Prof. Dr. Jens Prütting).

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