Fremd in der Heimat

Thesendiskussion mit Nabard Faiz, Prof. Jörn Kruse und Nariman Hammouti-Reinke

Integration – ein Wort, das spätestens seit 2015 in aller Munde ist und dabei immer wieder polarisiert: Wie sieht erfolgreiche Integration aus? Und bei wem liegt eigentlich die Verantwortung dafür, dass Integration glückt? Die Debatte über diese Fragen gestaltet sich häufig schwierig, die Fronten sind verhärtet. Doch um dieses Problem zu lösen, hat sich die studentische Zeitschrift Politik und Gesellschaft in Kooperation mit der Kursbuch Kulturstiftung und dem Studium generale an der Bucerius Law School etwas Neues ausgedacht und dem klassischen Podiumsdiskussionsformat einen neuen Anstrich gegeben: Bei der Debatte am 23.10.2019 bekamen die Panel-TeilnehmerInnen eine These zum Thema „Fremd in der Heimat -  Wann ist unsere Gesellschaft angekommen?“, die sie – unabhängig von der eigenen politischen Überzeugung – vorstellen und gegen die kritischen Gegenthesen aus dem Publikum verteidigen sollten.

Den Anfang machte Nabard Faiz, der als Kind aus Afghanistan flüchtete und nun angehender Arzt ist. Er setzte sich mit der These “Deutschland ist in der Verantwortung gleichwertige Bedingungen für die Migration zu schaffen“ auseinander und ging unter anderem auf die Rolle der Schulen, der Polizei, der politischen Bildung und der öffentlichen Migrationsdebatte ein. Sein Fazit: Zwar ist es häufig nicht der Staat, sondern die Gesellschaft, die Geflüchtete benachteiligt – dennoch trägt der Staat gegenüber seinen Bürgern die Verantwortung dafür, dass Integration gelingen kann.

Nach einer Überleitung von Moderator Marc Philip Greitens stellte Professor Jörn Kruse, ehemaliger Landesvorsitzender der AfD, der 2018 aus der Partei austrat und seitdem als fraktionsloser Abgeordneter in der Hamburger Bürgerschaft sitzt, die ihm zugeteilte These vor: "Migration sollte sich an den ökonomischen Bedürfnissen ausrichten." Dass MigrantInnen nach Deutschland kommen, sei bei Berücksichtigung des deutschen Fachkräftemangel zwar begrüßenswert, würde dabei zu einem sehr zweischneidigen Ergebnis für die Quellländer führen:

Denn einerseits sei es positiv, wenn die Ausgewanderten nach einer Fachausbildung in Deutschland in ihre Heimatländer zurückkehren würden und dabei das erworbene Know How mitbrächten. Andererseits jedoch würden Länder wie Bulgarien oder Rumänien, verstärkt durch das Europäische Freizügigkeitsrecht, geradezu ausbluten, weil ihnen die Fachkräfte abwandern würden.

Aus einem ganz anderen Blickwinkel argumentierte Leutnant zur See Nariman Hammouti-Reinke: Die Berufssoldatin, die schon zwei Afghanistan-Einsätze hinter sich hat, nahm Stellung zu der These "Die Bundeswehr ist ein Musterbeispiel der Integration". Sie habe selbst erlebt, dass der soziale Status und die Herkunft in der Bundeswehr nicht zählen würden, in der Uniform seien alle gleich und würde nur nach ihren Fähigkeiten beurteilt werden. Ob dies auch in der Zivilgesellschaft ohne Uniform möglich ist? Darüber gingen die Meinungen im Publikum auseinander. Doch wie immer lud das Studium generale nach der Veranstaltung noch zu Brezeln und Wein ein, wobei ausgiebig über die vorgestellten Thesen diskutiert werden konnte.

Autor*in

Charlotte von Fallois (Studentin)

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