Compliance ist die Herausforderung unserer Zeit – für börsennotierte Gesellschaften ebenso wie für mittelständische Unternehmen. Compliance erfordert juristisches Fachwissen, ist aber auch Organisations- und Führungsaufgabe. Die Bucerius Executive Education fragte bei drei Compliance-Experten nach.
Herr Dr. Jungmann, Compliance gilt als die Herausforderung unserer Zeit. Besteht diese darin, dass sich das Thema Compliance regulatorisch in einem fortlaufenden Veränderungsprozess befindet oder sind es auch strukturelle Hürden, die Unternehmen meistern müssen?
Jungmann: Hinter dem Thema Compliance verbergen sich natürlich viele juristische Themen, die umso anspruchsvoller werden, je komplexer der regulatorische Rahmen wird. Compliance ist aber auch ein facettenreiches Management- und Führungsthema. Die Compliance-Abteilung muss effizient aufgestellt sein und das Vertrauen der Führungs- und Aufsichtsorgane, aber auch der Mitarbeiter und sogar anderer Stakeholder, genießen. Bei aller notwendigen Konformität mit mittlerweile genormten Anforderungen an Compliance Management-Systeme, ist es Aufgabe der Compliance-Abteilung, die Abläufe zum Beispiel zur Risikoidentifizierung und Risikominimierung für das jeweilige Unternehmen maßgeschneidert auszugestalten. Bei all den insofern zu überwindenden Hürden helfen moderne Technologien enorm. Aber die Sensibilisierung aller mit Compliance-relevanten Sachverhalten in Berührung stehender Personen, die Schaffung der richtigen Unternehmenskultur, welche Compliance als Wert an sich und als Mehrwert für das Unternehmen begreift, das ist und bleibt die Kernherausforderung von Compliance.
Herr Liebich, das Berufsbild des Compliance Officers hat in den letzten Jahren viel Popularität erfahren. Jedoch driften die Vorstellungen zur Aufgabenstellung weit auseinander. Ist der Compliance Officer eher präventiver Berater oder nimmt er darüber hinaus auch andere Funktionen im Unternehmen wahr?
Liebich: Compliance Officer in Unternehmen haben wirklich attraktive und spannende Tätigkeitsbereiche, wobei die Zuständigkeiten der Compliance Abteilungen von Unternehmen zu Unternehmen stark variieren. In den meisten Fällen sind Allrounder gefragt, die sich mit Schulungskonzepten und Richtlinien um Prävention kümmern, aber ebenso die reaktive Seite abdecken, indem sie Compliance Vorfälle ermitteln und aufarbeiten. Daneben müssen Compliance Officer stets gute Teamplayer sein. Denn die Aufgabenbereiche sind eng mit der Tätigkeit von beispielsweise der Personal-, Rechtsabteilung oder der Internen Revision verzahnt. Hier gilt es klare Abgrenzungen zu definieren, damit die Arbeit an Compliance Themen effizient strukturiert wird. Letztlich geben Compliance Officer die entscheidenden Impulse zur Verankerung einer guten Compliance Kultur im Unternehmen.
Herr Dr. von Busekist, ist die Verwendung neuer Technologien allein der Schlüssel für ein effizientes und erfolgreiches Compliance Management oder sind es vielmehr gut ausgebildete Mitarbeiter?
Von Busekist: Mehr Transparenz, verlässlichere Dokumentation, zielgerichtete Analyse auch größter Datenmengen – Legal Tech eröffnet gerade in der Compliance ganz neue Wege. Doch die Technologie ist nur so gut wie die Menschen, die sie entwickeln und bedienen. Menschen sind die wichtigste Konstante einer wertebasierten Umsetzung von Compliance. Das nötige technologische Verständnis ist dabei ebenso wichtig wie inhaltliche Kompetenz. Wenn es nicht gelingt, die Fachkollegen in der Rechts- und Compliance-Abteilung mit ins Boot zu holen, dann bleibt von der schönen neuen Technikwelt nicht allzu viel übrig.
Dr. Carsten Jungmann, Dr. Konstantin von Busekist und Frank Liebich zeichnen für die Konzeption und Leitung des <link internal-link internal link in current>Hamburger Zertifikatsprogramm „Bucerius Compliance Officer“ verantwortlich, welches ab Januar 2019 startet. Es richtet sich an (angehende) Compliance-Verantwortliche in Unternehmen sowie an Beraterinnen und Berater auf dem Gebiet von Compliance-Fragen. Behandelt werden nicht nur die juristischen „hot topics“ von Compliance-Fragestellungen, sondern neben den theoretischen Grundlagen auch die praktischen und organisatorischen Themen von Compliance-Systemen. Das Zertifikatsprogramm steht auch Teilnehmerinnen und Teilnehmern ohne juristischen Abschluss offen.
Dr. Carsten Jungmann ist Programmdirektor an der Bucerius Law School und seit 2017 als Group Director Corporate Law & Structure und als Aufsichtsratsmitglied für die BIRKENSTOCK Group tätig.
Dr. Konstantin von Busekist ist seit 2003 Rechtsanwalt und Partner bei der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft und koordiniert dort die globale Compliance Practice.
Frank Liebich leitet seit 2012 die Bereiche Corporate Compliance sowie Datenschutz bei Henkel. Er ist damit für Henkels Compliance-Management-Systeme verantwortlich.
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Gekommen um zu bleiben: Compliance als Herausforderung unserer Zeit?
Bucerius interviewt Compliance-Experten
Executive Education
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Text
Julia Brünjes
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