Grenzenloses Whistleblowing? Das geplante Hinweisgeberschutzgesetz und seine Folgen für die Praxis

Online-Veranstaltung des Hamburger Vereins für Arbeitsrecht behandelt hochaktuelles Thema

Am 26. Mai 2021 fand auf Einladung des Hamburger Vereins für Arbeitsrecht ein weiterer Vortragsabend statt. Pandemiebedingt wurde die Veranstaltung ausschließlich online durchgeführt und aus dem Moot Court der Bucerius Law School via Zoom übertragen.

Referent des Abends war Dr. Simon Gerdemann, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Georg-August-Universität in Göttingen sowie beim Deutschen Bundestag. In seinem pointierten Vortrag mit dem Titel „Grenzenloses Whistleblowing? Das geplante Hinweisgeberschutzgesetz und seine Folgen für die Praxis“ gab er den über 150 Zuhörenden einen Überblick über das rechtlich und politisch hochaktuelle Thema des „Whistleblowings“.

Der Rechtsrahmen des Whistleblowings: Vom Richterrecht zur Kodifikation

Zunächst ging Dr. Gerdemann auf die Grundlagen des Whistleblowings ein: In Deutschland gibt es (noch) keine umfassenden gesetzlichen Regelungen, die Whistleblower vor Repressalien – insbesondere einer Kündigung durch ihren Arbeitgeber – schützen. Vielmehr ist der arbeitsrechtliche Schutz von Whistleblowern durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) geprägt. So ist ein Kriterienkatalog entstanden, nach dessen Maßstäben Whistleblowing-Fälle behandelt werden. Bis zum 17.12.2021 hat Deutschland nun Zeit, die „Whistleblowing-Richtlinie“ der EU (RL (EU) 2019/1937) in nationales Recht umzusetzen. Dadurch würde der Schutz von Whistleblowern gestärkt: Insbesondere erlauben die Vorgaben der Richtlinie – anders als die bisherige Rechtsprechung des BAG –, dass sich Whistleblower sofort an die zuständigen Behörden wenden dürfen und Rechtsverstöße nicht zuerst intern melden müssen.

Schwierigkeiten bei der Umsetzung

Das Gesetzgebungsverfahren liegt jedoch aktuell auf Eis. Vor allem aufgrund der bevorstehenden Bundestagswahl bleibt unklar, ob die Verhandlungen dieses Jahr erneut aufgenommen werden oder ob Deutschland die Umsetzungsfrist reißt. Tritt dieser Fall ein, wird die BAG-Rechtsprechung weiterbestehen, sodass eine verschärfte Rechtszersplitterung zu erwarten ist.

Großes Interesse am Vortrag

Das Interesse am Vortrag war groß: Über die Chatfunktion von Zoom wurden im Anschluss an den Vortrag zahlreiche Fragen eingereicht. Insbesondere die praktische Umsetzung in den Unternehmen, Betrieben und Konzernen, um einen effektiven Schutz von Hinweisgebern zu gewährleisten, interessierte die Zuhörenden. So entstand unter der Moderation von Charlotte Schindler, Vorstandsmitglied des Hamburger Vereins für Arbeitsrecht und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Matthias Jacobs, eine lebhafte Diskussion.

Besonderer Dank gilt Marie Weinhold für die Organisation der Veranstaltung sowie Laura Dinse, Martin Meier, Jannik Matern und Simon Bösken für die gelungene technische Umsetzung.

Text

Charlotte Schindler, Arne Lemke

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