Die juristische Ausbildung hat immer noch den Ruf, trocken und wenig praxisbezogen zu sein und dieses Vorurteil besteht nicht ganz zu Unrecht. Deshalb sind sogenannte Moot Courts, also simulierte Gerichtsverfahren, eine großartige Möglichkeit für Studierende, sich Inhalten auf eine aktive und praxisnahe Weise anzunähern.
Im Rahmen eines Moot Courts können Studierende gemeinsam einen fiktiven Fall bearbeiten, Schriftsätze schreiben und vor einem Gericht sprechen. Dabei steht vor allem gute Teamarbeit im Vordergrund, die im regulären Jurastudium leider noch nicht so stark gefördert wird. Ein Moot Court bietet dabei auch die Möglichkeit, Studierende anderer Fachschaften und Jahrgänge kennenzulernen und sich so über die eigene Universität hinaus zu vernetzen. Und nicht zuletzt ermöglicht die Teilnahme an einem Moot Court einem, sich über einen längeren Zeitraum intensiv mit einem Problem auseinanderzusetzen. Gerade im Jurastudium, in dem viel Stoff schnell aufeinander folgt und oft keinen Raum für eine vertiefte Auseinandersetzung zulässt, ist dies eine schöne Abwechslung.
Kurz: Moot Courts sind eine innovative und wichtige Ergänzung für die juristische Ausbildung!
Dabei sind Moot Courts noch eine relativ junge Idee und gerade im deutschsprachigen Raum steht die Mooting-Szene noch am Anfang. So ist auch erst 2019 der MOVE Moot als erster migrationsrechtlicher Moot Court Deutschlands entstanden. Die Initiative für den MOVE Moot ging dabei von Studierenden selbst aus, die als Mitglieder der Law Clinic den Bedarf nach einer Möglichkeit sahen, sich verstärkt mit dem Migrationsrecht auseinandersetzen zu können.
Der MOVE Moot füllt damit eine Leerstelle, die schon länger in der jursitischen Ausbildung und auch speziell bei Moot Courts besteht: Früher existierten vorwiegend wirtschaftsrechtliche Moot Courts und auch in der juristischen Ausbildung gehören Rechtsgebiete wie das Migrationsrecht oder auch das Sozialrecht immer noch nicht zum Pflichtstoff.
Dabei ist gerade das Migrationsrecht ein sehr wichtiges Rechtsgebiet mit wachsender Praxisrelevanz. Das zeigt sich auch in der Arbeit der vielen (Refugee) Law Clinics in Deutschland, für die migrations- und asylrechtliche Fragen sehr wichtig in der alltäglichen Arbeit sind.
Denn während die Fälle in einer Law Clinic normalerweise abgegeben werden, sobald es um eine Vertretung vor Gericht geht, bietet der Moot Court die Chance, auch mal selbst in die anwaltliche Praxis hineinzuschnuppern und sich vor einem Gericht auszuprobieren.
Beim MOVE Moot geht es dabei um Fälle, die sehr lebensnah gestaltet sind: 2020 ging es beispielsweise um einen iranischen Dissidenten, der zunächst in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatte und dann nach einem negativen Bescheid nach Deutschland weitergereist war, um hier erneut Asyl zu begehren. Seine Argumentation war dabei, dass das Verfahren in Ungarn fehlerhaft war und er damit zu Unrecht abgelehnt wurde. Mit solchen Fällen bekommen die Teilnehmer*innen einen echten Eindruck vom Alltag einer Migrationsanwältin und vom BAMF als staatliche Gegenseite.
Außerdem sind die Fallakten bewusst sehr umfangreich gehalten, um auch hier möglichst nah an der Praxis zu sein und den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, sich vertieft in die Akte einzuarbeiten.
Der Lerneffekt wird auch dadurch gefördert, dass alle Teams Schriftsätze für beide Streitparteien verfassen müssen und das Problem somit von beiden Seiten durchdenken können. Schließlich bekommen alle Teams die Möglichkeit, ihre Argumente mündlich vorzutragen. Dabei geht es oft um die Auseinandersetzung mit drängenden gesellschaftlichen und politischen Fragen.
Wir freuen uns sehr, den MOVE Moot dieses Jahr wieder an der Bucerius Law School ausrichten zu können und somit etwas zur Sichtbarkeit dieses so elementaren Rechtsgebiets beizutragen!
Nachdem sich 13 Teams mit insgesamt 50 Mitgliedern aus ganz Deutschland zum diesjährigen MOVE Moot angemeldet haben, wurde Anfang Januar die Fallakte verschickt.
Wir freuen uns auf die mündlichen Verhandlungen, die übrigens immer eine besondere Qualität haben – Wolfgang Armbruster, Verwaltungsrichter a.D., sagt sogar: „Das ist wie eine reale Gerichtsverhandlung, nur gehobener und das in einem Rechtsbereich, der sonst gar nicht gehoben ist.“