Siegermentalität im Job

Wie Sie durch mentales Training Ihre berufliche Performance nachhaltig steigern und was Sie dabei von Novak Djokovic, Dirk Nowitzki und Jan Frodeno lernen können!

„Einstellung schlägt Talent!“ lautet eine Binsenweisheit im Sport. Der folgende Blog zeigt, warum die Einstellung den entscheidenden Erfolgsfaktor für die berufliche Karriere darstellt, und dass sich mentale Stärke ebenso trainieren lässt wie körperliche Kraft. 

Sie erfahren,
-    Warum Ihr Mindset und nicht die Fachkompetenz über die Karriere entscheidet
-    Wieso Selbstbeobachtung und Gedankenkontrolle die Basis des mentalen Trainings darstellen
-    Wie Sie sich mit dem Trainingsprogramm BRAIN dauerhaft auf Erfolg programmieren
 

Was ist mentale Stärke?

Mit „I’m the greatest!“ begrüßte Boxlegende Muhammad Ali seine Gegner im Ring. „Für viele ist Messi der Beste. In meinem Kopf bin ich es!“, sagt der fünfmalige Weltfußballer Cristiano Ronaldo. „Wer soll mich schlagen, wenn ich meine Leistung bringe?“, fragt Sprint-Weltrekordhalter Usain Bolt. Woher nehmen die Superstars dieses Selbstvertrauen? Woraus schöpfen sie diese mentale Stärke? Was ist das Geheimnis ihres Erfolgs?

Einen guten Überblick über die Erfolgsfaktoren von Siegermentalität gibt das sogenannte 4C-Modell von Peter Clough und Keith Earle. Darin definieren die beiden britischen Psychologen vier Faktoren der „mental toughness“, die alle Siegertypen vereint.

  • Control: Die Überzeugung, Einfluss und Kontrolle auf sein Leben zu haben.
  • Challenge: Die Fähigkeit, Aufgaben als Herausforderung zu sehen.
  • Commitment: Zielstrebigkeit und Entschlossenheit.
  • Confidence: Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein.

Die folgende Ausführung beschäftigt sich mit dem ersten Punkt „Control“ und zeigt, weshalb die gezielte Kontrolle seiner Gedanken die Grundvoraussetzung für die Entwicklung mentaler Stärke darstellt.

Erkenne Dich selbst! Gedankenkontrolle - Basis des mentalen Trainings

Control meint, seine Gedanken und Emotionen zu kontrollieren und nicht deren Sklave zu sein; ein Unterfangen, das im Gefecht des beruflichen Alltags nicht immer leicht ist. In aller Regel reagieren wir - vor allem wenn wir gestresst sind und unter Druck stehen - weniger gelassen und reflektiert, sondern automatisch, impulsiv und emotional. Egal ob wir auf der Straße angehupt, von Mandant*innen kritisiert werden, oder uns der/die Chef*in kurz vor Feierabend noch eine dringende Aufgabe zuweist: Unsere Reaktionen sind meist reflexartig, stereotyp und typisch für uns: Oft reagieren wir ungefiltert mit Ärger oder Frust, ziehen uns selbst runter, obwohl dies gar nicht sein müsste.

In unseren automatischen Reaktionen spiegelt sich unser Mindset wider, was man frei mit Selbstbild, Einstellung oder geistiger Haltung übersetzen könnte. Im Mindset wiederum laufen all unsere Überzeugungen, Denkweisen und Glaubenssätze zusammen, deren Entstehungsgeschichte oft bis in unsere Kindheit zurückreicht. „Das kannst Du nicht!“, „Das ist gefährlich!“, „Dein*e Freund*in macht das besser als Du!“ und ähnliche - wenn auch gut gemeinte - elterliche Botschaften sind die Wurzeln für die Entstehung unseres Mindsets. Sie wirken (unbewusst - genau darin besteht die Problematik!) wie Regieanweisungen für unser späteres Leben und sorgen oft dafür, dass wir unser echtes Potenzial nicht erkennen und uns nicht entwickeln.

Wir melden uns nicht für das neue Projekt, weil wir glauben nicht gut genug zu sein; beim Meeting trauen wir uns nicht unsere Meinung zu sagen, weil wir Angst vor Kritik haben. Wir drücken uns vor einem/einer bestimmten Mandant*in, weil wir mit ihm/ihr schon einmal negative Erfahrungen gemacht haben. Kurz: Solche negativen Überzeugungen (limiting beliefs) tragen dazu bei, dass wir unsere Komfortzone nicht verlassen. Doch gerade darin läge die Chance, neue Erfahrungen zu machen, Selbstbewusstsein zu tanken und uns weiterzuentwickeln.

Gewonnen wird im Kopf! Verloren auch!

Inwieweit unser Mindset einen entscheidenden Einfluss auf unsere Karriere hat, konnte die amerikanische Psychologieprofessorin Carol Dweck eindrucksvoll belegen. In ihrem Bestseller „SELBSTBILD: Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt“ untersuchte sie Hunderte von Karrieren aus Sport, Musik, Kunst, Wissenschaft oder Wirtschaft und kam immer wieder zu demselben Ergebnis: Entscheidend für den Erfolg sind weniger Talent, IQ oder Uniabschlüsse, viel wichtiger ist eine entsprechende Einstellung, die sich mit den 4 Cs der „mental toughness“ von Claugh und Earle deckt. Was alle Erfolgreichen verbindet, ist - im Unterschied zu weniger Erfolgreichen - ein sogenanntes „dynamisches“ Selbstbild, das sich wie folgt darstellt.

Jeder kann lernen, mental stark zu werden!

„Es sind nicht die Ereignisse an sich, sondern die Meinung, die wir darüber haben!“, wusste schon der Stoiker Epiktet und legte damit den Grundstein, der bis heute als Basis für das mentale Training gilt: Das sogenannte transaktionale Stressmodell, das davon ausgeht, dass die gedankliche Auseinandersetzung und Bewertung einer Situation (die im Kopf stattfindende Transaktion) dafür verantwortlich ist, wie wir reagieren bzw. ob wir in Stress geraten oder nicht. Mit anderen Worten: Durch Selbstkontrolle im Sinne einer reflektierten Situationsbewertung und positiver Selbstinstruktion können wir lernen, flexibel und vorteilhaft zu reagieren und nach und nach eine Siegermentalität entwickeln.

Konkret bedeutet mentales Training in diesem Kontext:

  • Sich seiner limitierenden Denk- und Verhaltensmuster bewusst zu werden.
  • Zu erkennen, dass man stets die Wahl hat, wie man reagieren möchte.
  • Sich neue Verhaltensmuster systematisch antrainieren.

Self-Check
Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, gehen Sie in sich, und beantworten Sie die folgenden Fragen schriftlich:

  • Welche Vorkommnisse und Ereignisse im Job erzeugen regelmäßig gravierende negative Emotionen wie Wut, Ärger oder Frust?
  • Welche limitierenden Denk- und Verhaltensweisen würden Sie gerne verändern (z.B. unter Druck gelassener bleiben, sich Kritik nicht so sehr zu Herzen nehmen, nicht so perfektionistisch sein etc.)?
  • Wo sehen Sie generell Ihre persönlichen Verbesserungs- und Entwicklungspotenziale?

 

BRAIN: So trainieren Sie mentale Stärke!

Um langfristig Siegermentalität wie Ali und Co. zu entwickeln, müssen Sie verstehen, dass sich mentale Stärke ebenso trainieren lässt wie körperliche Kraft. Die folgende BRAIN-Methode ist ein Trainingsprogramm für den Kopf. Damit trainieren Sie Ihre Reaktionsflexibilität und legen den Grundstein für die Entwicklung mentaler Stärke. Bereiten Sie sich anhand der folgenden fünf Schritte vor, spielen Sie im Geiste bereits im Vorfeld durch, wie Sie sich in Zukunft entsprechend verhalten wollen. Benennen Sie Ihre „mentalen Baustellen“ (vgl. Self-Check) und gehen Sie die fünf Stufen von BRAIN systematisch durch. Je besser Ihnen dies bereits im Geiste gelingt, desto höher die Chance, dass Ihr erwünschtes Verhalten auch Realität wird.

B: Beobachten

Der erste Schritt besteht darin, sich gewissermaßen aus der Vogelperspektive bzw. aus einer Metaebene zu beobachten. Damit entsteht ein entsprechender Abstand und die Möglichkeit, Reaktionsmuster gezielt zu erkennen, zu entschleunigen und zu „de-automatisieren“.

Folgende Leitfragen helfen Ihnen beim Prozess der Selbstbeobachtung:

  • Was passiert gerade mit mir?
  • Wie erlebe ich die Situation?
  • Was sagt mir dieses Verhalten über mich selbst?

Tipp

Lernen Sie von Novak Djokovic!
Spitzensportler wie Novak Djokovic schaffen es, sich in Drucksituationen innerhalb von Sekunden (!) zu beruhigen und das Gehirn auf Selbstkontrolle zu schalten. Auf die Frage, was vor einem Return bei besonders wichtigen Punkten in seinem Kopf vorgehe, antwortet der 18-fache Grand Slam Sieger:

„Ich versuche, mich nur in den gegenwärtigen Augenblick zu versetzen, nicht gegen die Gedanken anzukämpfen, sondern die Gedanken zwar wahrzunehmen, aber dabei meine Selbstkontrolle und Ruhe zu bewahren.“ (FOCUS, 37/15)

Der entscheidende Trick dabei: Durch die bloße Beobachtung der Gedanken schaltet das Gehirn automatisch auf eine distanzierte Haltung, was wiederum unmittelbar für innere Ruhe sorgt und damit den Weg zur Selbstkontrolle freimacht.

R: Reflektieren

Nun geht es darum, dieses automatische Reiz-Reaktions-Muster selbstkritisch zu hinterfragen. Durch die gezielte Trennung von Gedanken („Was denke ich?“) und Emotionen („Was fühle ich?“) gelangen Sie in die Lage einer objektiveren Bewertung.

Lassen Sie sich dabei von folgenden Fragen anregen:

  • Welche Gedanken habe ich? Was sage ich zu mir?
  • Was fühle ich? Welche Emotionen nehme ich wahr?
  • Wo wird das enden, wenn ich mich auch in Zukunft immer so verhalte?

A: Achtsamkeit

Versuchen Sie, während dieser „Ich spreche mit mir selbst!“- Auseinandersetzung geistig so präsent wie möglich zu bleiben. Oft drängen sich Gedanken der Vergangenheit nach dem Motto „Das schaffst Du sowieso nicht“ oder „Bringt das wirklich was?“ in den Vordergrund. Machen Sie sich bewusst, dass das Gehirn gar nicht anders kann als sich an der Vergangenheit zu orientieren, doch dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, an dem Sie Ihre „zukünftige Vergangenheit“ neu programmieren.

Ein probates Mittel um im „Hier und Jetzt“ zu bleiben, sind ein paar bewusste Atemzüge. Atmen Sie dreimal tief ein und aus und spüren Sie der Atembewegung im Bauch bewusst nach. Spüren Sie die kurze Atemstille zwischen Aus- und Einatmung.

Tipp

Atmen Sie wie Dirk Nowitzki vor einem Freiwurf!
„Bei Freiwürfen entspanne ich mich immer nach demselben Ritual. Ich tippe den Ball dreimal auf, atme langsam und tief aus, oft summe ich noch mein Lieblingslied - so kann ich mich förmlich aus der Halle herausnehmen.“ (Sport BILD; 22/06)

Profis schaffen es mit ein bis zwei Atemzügen das Gehirn in einen Zustand der Entspannung und zugleich höchster Konzentration zu bringen. Entscheidend dafür ist eine bewusst in die Länge gezogene Ausatmung. Die verlängerte Ausatmung aktiviert den Vagusnerv, der für Entspannung und gleichzeitig geistige Fokussierung sorgt.

Die „4 zu 6“-Atmung: So beruhigen Sie Ihren Geist!

Atmen Sie langsam durch die Nase ein und zählen dabei bis vier. Atmen Sie durch den Mund aus und zählen dabei bis sechs. Sie werden schnell erkennen: Bereits nach wenigen Atemzügen ist Ihr innerer Zustand ein anderer!

Exkurs: Djokovic & Nowitzki = Achtsamkeits-Meditation (MBSR)

Die Kombination von Djokovics Gedankenbeobachtung und Nowitzkis Atemtechnik stellt das Gerüst der Achtsamkeits-Meditation dar, auch MBSR (Mindful Based Stress Reduction) genannt, ein von dem Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn entwickeltes Trainingsprogramm. Ziel ist es, seine ungeteilte Konzentration permanent auf die Atmung zu lenken. Immer dann, wenn sich ablenkende Gedanken ins Bewusstsein drängen (was immer passiert), werden diese mit einer freundlich-distanzierten Haltung wahrgenommen (wie Djokovic das beschreibt), doch man identifiziert sich nicht mit diesen und lässt sie weiterziehen, indem man sich wieder auf die Atmung fokussiert (wie Nowitzki dies beschreibt). Dieses systematische „Hin und Her“ im Kopf ist eines der einfachsten und zugleich effektivsten Trainingsmethoden zur Entwicklung von Selbstkontrolle, geistigem Fokus und mentaler Stärke.

Eine Einführung in das MBSR-Training nach Kabat-Zinn finden Sie hier.

Wer wissen will, wie sich Spitzensportler wie Tom Brady oder Michael Jordan mit Achtsamkeits-Meditation zu Höchstleistungen bringen, für den ist das folgende Video Pflicht

I: Innovation

Nun geht es um die Frage, wie Sie sich gerne verhalten würden. Verändern Sie Ihre Perspektive, indem Sie sich selbst durch eine andere Brille sehen.

Lassen Sie sich von den folgenden Fragen inspirieren:

  • Vorbild-Brille: Wie würde sich mein Vorbild verhalten?
  • Freundes-Brille: Was würde mir ein guter Freund raten?
  • Weitblick-Brille: Wie werde ich morgen denken, wenn ich mich heute positiv und stark verhalte?

N: Neues Verhalten trainieren

Ihr Erfolg hängt in hohem Maße davon ab, inwieweit Sie bereit sind, an sich zu arbeiten, und mit wie viel Selbstdisziplin und Beharrlichkeit Sie ans Werk gehen. Die Gehirnforschung geht davon aus, dass es eines Zeitraums von ca. zwei bis drei Monaten bedarf, bis man aus einem Vorsatz - unabhängig ob es sich dabei um ein neues Verhalten (z.B. Treppe statt Aufzug oder Wasser statt Cola) oder die Entwicklung mentaler Disziplin im Sinne einer bewussten Veränderung seiner Einstellung handelt - eine neue Gewohnheit macht. Es ist wie beim Einstudieren eines neuen Tanzschrittes oder beim Vokabellernen: Übung macht den Meister!

Machen Sie die Veränderung Ihrer mentalen Reaktionen zu Ihrer persönlichen Herausforderung (Challenge), verpflichten Sie sich für einen Zeitraum von 10 Wochen (Commitment) und machen Sie sich mit Selbstbewusstsein (Confidence) auf den Weg.

Tipp

Nehmen Sie sich Jan Frodeno zum Vorbild!
„Vom Weichei zum besten Triathleten der Welt“ lautete die Überschrift eines Artikels im STERN, in dem der dreifache Ironman-Sieger Jan Frodeno ehrlich und offen wie selten zuvor ein Athlet Einblick in sein Seelenleben gewährt. Hier können Sie am Beispiel einer Weltkarriere nachvollziehen, wie man durch systematisches Training Siegermentalität entwickelt und dass es sich lohnt, mit Ehrlichkeit und Beharrlichkeit an sich zu arbeiten. (https://www.stern.de/sport/sportwelt/jan-frodeno--vom-weichei-zum-besten-triathleten-der-welt-7274590.html)

 

Fazit

Machen Sie sich bewusst, dass Ihre Karriere zunehmend von der Entwicklung Ihrer Persönlichkeit abhängt. Nehmen Sie sich Carol Dwecks „dynamisches Selbstbild“ zum Vorbild und arbeiten Sie an sich. So wie Sie sich innerhalb von 10 Wochen fit für einen 10 Kilometerlauf machen können, können Sie auch Ihr Mindset in Form bringen. Ob körperliche oder geistige Fitness: Alles eine Frage des Trainings! Machen Sie die Arbeit im Kopf zu Ihrem obersten Ziel und lassen Sie sich von einem Zitat von Golf-Ikone Tiger Woods inspirieren, der sagte: „Ich messe Erfolg nicht an Siegen, sondern an der Frage, wie ich mich verbessere.“

 

 

Zum Autor

Markus Hornig ist Buchautor, Trainer und Coach in Spitzensport und Wirtschaft. Als Mentaltrainer führte er die Frauenfußball Nationalmannschaft zum Olympiasieg 2016 in Rio.

In seinem neuen Buch „WINNING INSIDE: Was wir vom Spitzensport für unser Berufsleben lernen können!“ überträgt Markus Hornig mit seiner Co-Autorin, der Juristin und ehemaligen Profi-Tennisspielerin, Dr. Angela Kerek, die mentalen Leistungsfaktoren des Spitzensports auf das Anforderungsprofil der modernen Arbeitswelt und zeigt: Nur wer versteht, dass sich mentale Stärke ebenso trainieren lässt wie körperliche Kraft, gelangt in die Lage, sein Potenzial nachhaltig auszuschöpfen und seine bestmögliche Performance zu erreichen.

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Markus Hornig

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