Strafprozess – Bucerius Criminal Law Mooting

Der erste strafrechtliche Revisionsrechts-Moot Court feierte seine Premiere.

Dienstag, 21. Juni 2016, 18.45 Uhr. In einem recht einseitigen Spiel führte die deutsche Nationalmannschaft gegen Nordirland mit einem Treffer von Mario Gomez. Die Chancenverwertung konnte besser sein. Knapp 750 Kilometer vom Prinzenpark entfernt sahen die rund achtzig Zuschauer des ersten Bucerius Criminal Law Moot hingegen gerade ein Duell, das weder Spannung noch eine gelungene Chancenverwertung vermissen ließ. Was war unter den Augen der veranstaltenden Teamchefs und Professoren Karsten Gaede und Paul Krell passiert?

In der professionell simulierten Revisionshauptverhandlung begehrte das studentische Team „Generalbundesanwaltschaft“ nicht weniger als eine Verurteilung wegen Mordes: Sie beantragte, das lediglich auf Totschlag lautende Urteil des „LG Hamburg“ gegen Viktor Baltijew aufzuheben. Das Team „Verteidigung“ rügte dagegen, dass der hier als Vorsitzender Richter agierende, berühmtberüchtigte „Facebook“-Richter befangen gewesen sei. Im Übrigen sei der Tatnachweis nur mit Hilfe von Einträgen einer Tagebuch-App des Angeklagten und folglich rechtswidrig geschehen. In pointierten Beiträgen erläuterten die insgesamt sechs Redner ihre – in den beiden Teams intensiv erarbeiteten – Ansichten. Mit tiefschürfenden Argumenten und dogmatischen Ausflügen in das Verfassungs-, Strafverfahrens- und materielle Strafrecht begeisterten sie nicht nur das Publikum, sondern auch die drei „Moot-Richter“ und Juroren Cornelia Gädigk (Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Hamburg), Otmar Kury (Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg) und Dr. Marc Tully (Vorsitzender Richter am OLG Hamburg).

Der „BGH“ machte in der Urteilsverkündung deutlich, dass niemand den Platz als Verlierer verlassen musste. Das Revisionsgericht hielt die „Facebook-Rüge“ der Verteidigung sowie die Sachrüge des Teams „Generalbundesanwaltschaft“ für begründet; das Urteil des Landgerichts wurde aufgehoben. Als Juror betonte Kury, dass die Beiträge allesamt eine Qualität zeigten, die auch in der (Verteidigungs-)Praxis Seltenheitswert habe. Das Siegerteam zu benennen, gestalte sich insofern schwerer als die Rechtsfindung im heutigen Urteil. Das Team „Generalbundesanwaltschaft“ gewann schließlich mit einem Punkt Vorsprung. Dieses Team stellte mit Frederike Berghaus auch den „Player of the Game“.

Beim Public-Viewing der zweiten Halbzeit des Spiels Deutschland gegen Nordirland und dem anschließenden Grillfest waren sich alle Beteiligten einig, dass der erste Bucerius Criminal Law Moot ein großes Vergnügen war. Eine Neuauflage durch die Veranstalter unter Einbeziehung weiterer Hochschulen scheint damit noch sicherer als das nächste EM-Tor von Mario Gomez.

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Fabian Afshar, Wissenschaftlicher Mitarbeiter

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