Als der Bucerius Criminal Law Moot vor knapp einem Jahr seine aufsehenerregende Premiere feierte, verhandelten zwei engagierte Teams den Fall um die getötete Realschullehrerin Frauke A. und den daher wegen Totschlags verurteilten Viktor B. Am Montag kam es nun zur Neuauflage des von den Professoren Karsten Gaede und Paul Krell organisierten strafrechtlichen Revisionsrechts-Moot Court, bei dem studentische Teams der „Verteidigung“ und der „Generalbundesanwaltschaft“ ihre zuvor in Schriftsätzen vorgebrachten Rügen in einer simulierten mündlichen Hauptverhandlung vor dem „6. Strafsenat“ des Bundesgerichtshofs vortragen konnten. Gegenstand war ein Urteil des „LG Hamburg“, das den Angeklagten Gerhard A. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilte, nachdem er ein junges Mädchen entführt und einem Polizeibeamten ein Auge mit einem Messers ausgestochen hatte. Kontrovers war der Fall vor allem deshalb, weil der Polizeibeamte Gewalt gegen den Entführer ausübte, um den Aufenthaltsort des Opfers zu erfahren, das in Lebensgefahr schwebte, weswegen Landgericht den damit zusammenhängenden Messerangriff des Angeklagten als Notwehr einstufte.
In der simulierten Revisionshauptverhandlung vertrat das studentische Team der „Verteidigung“ die Rechtsansicht, dass aus der menschenunwürdigen Behandlung des Angeklagten durch den Polizeibeamtenausnahmsweise ein Beweisverwertungsverbot mit Fernwirkung folgen müsse, das auch die Aussage des Opfers erfasse. Auch seien dem Tatgericht weitere Rechtsfehler in der Strafzumessung unterlaufen. Das Team der „Generalbundesanwaltschaft“ rügte hingegen, dass das Verhalten des Polizisten als „Retter“ der Entführten als rechtmäßige Nothilfe zu werten sei. Der Angeklagte hätte für seinen Messerangriff daher wegen schwerer Körperverletzung verurteilt werden müssen. Nach den jeweiligen Vorträgen folgten Nachfragen des Senats, der in diesem Jahr mit den fünf „Moot-Richtern“ und Juroren Dr. Nikolaus Berger (Richter am Bundesgerichtshof), Cornelia Gädigk (Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Hamburg), Otmar Kury (Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg), Dr. Marc Tully (Vorsitzender Richter am OLG Hamburg und am Moot Court der BLS) und dem Revisionsspezialisten Klaus-Ulrich Ventzke (Rechtsanwalt) erneut prominent besetzt war.
In der Urteilsverkündung wies der Senat die zwei Rügen der „Verteidigung“ zwar zurück und hob das Urteil des Landgerichts allein aufgrund der erfolgreichen Sachrüge der „Generalbundesanwaltschaft“ auf. In der Rolle des Jurors erklärte der Vorsitzende Tully aber, dass alle Vorträge eine durchweg beachtliche Qualität aufgewiesen hätten. Im Zuge der Preisverleihung bekräftigte Kury, dass ein echter Unterschied in der Qualität der Leistungen der Teams kaum erkennbar war. Dennoch habe man einen hauchdünnen Vorsprung beim Team der „Verteidigung“ gesehen, das somit den Teampreis gewann. Den Preis für die beste Einzelleistung teilten sich in diesem Jahr Katharina Weber für das Team der „Generalbundesanwaltschaft“ und Julia Heß für das Team der „Verteidigung“. Der dritte Preis ging an Lucas Christel.
Bei dem danach anschließenden Grillfest waren sich alle Beteiligten einig, dass einer dritten Auflage im kommenden Jahr nichts entgegenstehen sollte und ein waschechter Hattrick damit nur noch eine Frage der Zeit ist.