Am 4. Dezember 2019 fand ein weiterer Vortrag der Reihe "Was ist wichtig?" im Rahmen des Studium generale statt. Zu Gast war der DDR-Bürgerrechtler und Vorsitzende der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Rainer Eppelmann, der im Gespräch mit Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem, LL.M. und der Studentin Manyedi Lieck (Jahrgang 2018) über seinen Lebensweg, seine Werte, Überzeugungen und Ideale berichtete.
Eppelmann wuchs im Ostberlin der Nachkriegszeit auf. Er besuchte ein Gymnasium im Westen der Stadt – bis zum 13. August 1961. Der Tag des Mauerbaus war für ihn der Tag, an dem feststand, dass er die Schule nicht würde beenden können; den Traum, Architekt zu werden, gab er auf. Stattdessen begann er eine Maurerlehre.
1966 verweigerte Eppelmann den Dienst an der Waffe und wurde zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit jedem Tag in Gefangenschaft sei er angstfreier geworden. Er habe sich stets vergegenwärtigt, dass er seine Haftstrafe unter vergleichsweise erträglichen Bedingungen verbüße.
1969 ergriff er die Chance, Theologie zu studieren und wurde schließlich Pfarrer in der Berliner Samariterkirchengemeinde im Berliner Ostbezirk Friedrichshain. Er wählte damit einen Beruf, der ihm im großen Gefängnis der DDR vergleichsweise viel Freiraum geboten habe. Trotzdem wurde seine Haltung zur DDR zunehmend kritisch. Als Pfarrer war er tagtäglich mit den Sorgen der DDR-Bürger konfrontiert, mit ihrer "verständlichen Sehnsucht, so zu leben wie die Menschen im Westen". Er selbst habe damals von einer "bessereren, offeneren und erfolgreicheren DDR" geträumt.
Und so wurde seine Kirche mit der Zeit zum zentralen Anlaufpunkt oppositioneller Kräfte und zum Symbol des kirchlichen Widerstandes in der DDR. Legendär waren seine Gottesdienste, die er zusammen mit einem Blues-Musiker veranstaltete. Von zunächst etwa 150 Besuchern stieg die Zahl schließlich auf bis zu 8.000 Menschen an. Als schließlich die Mauer fiel, stand auch er am Grenzübergang an der Bornholmer Straße.
Im Gespräch mit den Studierenden mahnte Eppelmann an, die Demokratie niemals für eine Selbstverständlichkeit zu halten, deren Fortbestand auf unbestimmte Zeit gesichert sei.
Am Ende seiner facettenreichen, fesselnden und auch bewegenden Ausführungen teilte Eppelmann den Zuhörerinnen und Zuhörern noch seinen großen Wunsch mit: 93 Jahre alt zu werden. Dann habe er er einen Tag länger in einer Demokratie als in einer Diktatur gelebt.