Zu Gast war Dr. Marcus Conlé, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Elektronensynchrotron (DESY) und assoziierter Wissenschaftler des German Institute for Global and Area Studies (GIGA), um die Innovationskraft Chinas zu analysieren und zu diskutieren. Durch den Abend führte Dr. Stephan Kuntner, Alumnus der Bucerius Law School und mittlerweile Executive Director der China Division der Funk Gruppe.
China nicht mehr nur Produktionsstandort
Dr. Conlé durchleuchtete in seinem Vortrag das Innovationspotential und die gegenwärtigen politischen Ziele, die die Volksrepublik China in seiner Innovationspolitik verfolgt. China verfolgt weitreichende Pläne, um zum globalen Zentrum für Innovationen zu werden. Um herauszufinden, wie weit China bereits auf dem Weg zum weltweiten Innovationszentrum ist, maß Conlé China unter anderem an Innovationsindikatoren wie den F&E-Ausgaben (Aufwendungen für Forschung und Entwicklung), PTC-Patentanmeldungen sowie der Anzahl und Qualität wissenschaftlicher Publikationen aus China. Darüber hinaus ist die hohe Anzahl chinesischer „Einhörnern“ – Start-up Unternehmen mit einer Marktbewertung von über 1 Mrd. USD – ein Indikator dafür, wie Innovationen in China von der Wirtschaft aufgegriffen und umgesetzt werden.
Chinesische Innovationspolitik
Vier Säulen der direkten Innovationspolitik lassen sich in China unterscheiden: Die Grundlagenforschung profitiere in den vergangenen Jahren von deutlich höheren Fördergeldern. Angesichts der starken Fokussierung chinesischer Unternehmen auf experimentelle Entwicklung hinke der Anteil der Ausgaben für Grundlagenforschung an den Gesamtausgaben für F&E aber im internationalen Maßstab bisher hinterher. Zugleich fließen erhebliche Investitionen in ingenieurwissenschaftliche Megaprojekte und Forschungsinfrastruktur wie riesige Zentren der Teilchen- und Astrophysik. Staatliche geförderte Innovationszonen und -plattformen werden als „Vehikel“ und Inkubatoren für innovative Entwicklungen in unterschiedlichen Landesteilen etabliert. Dies wird flankiert durch staatliche Lenkungsfonds, die Forschungs- und Industriepolitik verknüpfen. Ganz deutlich wird, so Conlé, dass China bereit ist in die Innovationsfähigkeit zu investieren und dies auch in hohem Maße tue.
Was steht der Innovationspolitik entgegen?
Chinas Stärke in der Innovation zeigt sich insbesondere in Produktentwicklung und Services. Aber auch wenn China Innovationen auffallend schnell in Projekte umsetzen und Wissen anwenden könne, ist es Conlé zufolge noch immer abhängig von „Innovationsressourcen“ aus dem Ausland, indem es beispielsweise eine große Anzahl von Student*innen an ausländischen Universitäten studieren lasse.
Massiver Ausbau der Innovationsinfrastruktur
Zugleich bleibe festzuhalten, dass sich die chinesische Innovationsinfrastruktur kontinuierlich und im hohen Tempo verbessere. Dies wiederum ziehe internationale Innovationsträger*innen und Wissenschaftler*innen in das Land, um dort zu forschen.
In den nächsten Jahren und Jahrzenten bleibe es auf diesem Feld spannend und sei es dringend notwendig, die Entwicklungen in China genau zu beobachten. Entscheidend sei es dabei darauf zu achten, welche Herausforderungen sich aus den chinesischen Entwicklungswegen für Deutschland ergeben. So mahnte Conlé, dass Deutschland nicht in trügerischer Sicherheit ob der eigenen Innovationsfähigkeit verharren dürfe.
Das Thema stieß an der Law School auf großes Interesse und regte im Anschluss an den Vortrag zu einer angeregten Diskussion an.