Wird die Kunst aus der Reihe tanzen?

Amelie Deuflhard von Kampnagel zu Gast an der Bucerius Law School

Der zweite Abend der gemeinsamen Gesprächsreihe „What´s next – wohin steuert die Kunst der Gegenwart“ der Claussen-Simon-Stiftung, dem Studiengang „Kulturmanagement“ der Hochschule für Musik und Theater Hamburg sowie dem Studium generale der Bucerius Law School, widmete sich am 14. Februar 2018 der Frage, welche künstlerischen Entwicklungen zukünftig im Tanz und Theater zu erwarten sind.

Mit der Intendantin der Kulturfabrik Kampnagel Amelie Deuflhard hätte wohl kein geeigneterer Gast im vollbesetzten Moot Court Einblicke in gegenwärtige Tendenzen der Bühnenwelt geben können. Im Gespräch mit Professor Dr. Reinhard Flender von der Hochschule für Musik und Theater Hamburg stellte Deuflhard fest, dass die Kunst aus ihrer europäischen Anatomie entlassen und in eine postkoloniale Phase getreten sei. Künstler, die in der global vernetzten Szene aktiv seien, würden in neuen Stücken die Definitionshoheit des Westens von Avantgarde und Kunst in Frage stellen. Stellvertretend für diese Entwicklung wurden dem Publikum Szenen aus dem Stück „Requiem pour L“ gezeigt. In der gemeinsamen Arbeit des Regisseurs Alain Platel und des Komponisten Fabrizio Cassol wird klassisches Musikrepertoire, wie Mozarts Requiem, mit afrikanischer Musik und verschiedenen regionalen und historischen Trauerelementen vereint.

Gleichzeitig konstatierte Deuflhard ein gegenwärtig stattfindendes Zusammenspiel von Kunst und Aktivismus. Kunst wolle verändern, intervenieren, an neue Orte und Stellen gehen. Zum Beispiel das Kunstprojekt „Deutsche integriert Euch“, das Geflüchtete und Einheimische zusammenbringt, schaffe einen neuen positiven Raum der Begegnung und stehe für die Zukunftsaufgabe des Theaters Diversitäten darzustellen und zu transferieren. An „Five easy Pieces“ von Milo Rau, einem Stück mit Kindern über Kindesmissbrauch, würde weiter die Irritation als Funktion gegenwärtiger Kunst deutlich werden.

Auch die wohl meist diskutierte Entwicklung unserer Zeit, die Digitalisierung, beeinflusse natürlich Tanz und Theater, so die Intendantin von Kampnagel. Nicht nur aufgrund der Abhängigkeit der Theater von Kritiken, die im Internet eine andere Verbreitung hätten, sondern auch in diversen künstlerischen Projekten, die sich zum Beispiel damit auseinandersetzen, wie unsere Körper durch Digitalisierung beeinflusst werden. Über das allgemeingültige Fazit, dass Kunst technische und gesellschaftliche Entwicklungen kritisch begleite, konnten die ZuschauerInnen anschließend wie gewohnt bei Brezeln und Wein weiter diskutieren.

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