Forschungsprojekte

Laufende Projekte

Projekt „Grünes Gesundheitswesen“

Das Großprojekt zu Ökologie und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen hat erhebliche Fortschritte vorzuweise. Zusammen mit der Allianz für Klima und Gesundheit e.V. und der Vereinigung Brückenköpfe sowie mittels Unterstützung der Mercator-Stiftung konnte eine interdisziplinäre Forschungsgemeinschaft zusammengesetzt werden, die bis Ende 2026 tatsächliche und rechtliche Gegebenheiten des Gesundheitswesens im Hinblick auf Nachhaltigkeitserwägungen analysieren und Optimierungsvorschläge erarbeiten wird. Am Ende dieses Projekts soll ein Gesetzgebungsentwurf stehen, der parteiübergreifend auf Konsens im Bundestag stoßen könnte. Zu diesem Zweck wurden bereits früh nicht nur Fachverbände, sondern auch die entsprechenden Funktionäre in allen demokratischen Parteien befragt und einbezogen. Sowohl über die Bundesländer als auch über das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Justiz gibt es beachtliche Ansätze des Gesetzgebers, nunmehr tätig zu werden. Es liegen konkrete Regelungsvorschläge vor, die aus der Forschungsgruppe des IMR hervorgegangen sind. Ein wesentlicher Teil derselben wurde am 13. März 2024 auf dem 9. Bucerius-Medizinrechtstag vorgestellt und diskutiert (Veränderung des erforderlichen Standards nach § 630a Abs. 2 BGB).

Untersuchungen zur sog. Streng-formalen Betrachtungsweise des Sozialrechts

Das BVerfG hat mit seinem Nichtannahmebeschluss vom 5.5.2021 – 2 BvR 2023/20, 2 BvR 2041/20 – in erstaunlich selbstverständlicher Diktion, die vom Bundessozialgericht erdachte (vgl. aus jüngerer Zeit BSG, Urt. v. 12.08.2021 – B 3 KR 8/20 R) und vom BGH in Strafsachen für den Betrugstatbestand übernommene (BGH, Urt. v. 19.08.2020 – 5 StR 558/19, NJW 2021, 90 mit Anm. Karsten Gaede) streng-formale Betrachtungsweise verfassungsrechtlich abgesegnet. Aus den Gründen geht hervor, dass das Verfassungsgericht die Bedeutung der Angelegenheit fehlerhaft beurteilt und zugleich die tragenden Einwände gegen diese verfehlte sozialversicherungsrechtliche Judikatur kaum durchdrungen zu haben scheint. Daher haben Tom Wolk und Jens Prütting im Rahmen einer vertieften Analyse die Problematik aufgearbeitet. Zugleich handelt es sich um den Kern des Promotionsthemas von Tom Wolk. Erste Ergebnisse sind in der JZ 2022, 1101-1107 erschienen sowie im Rahmen des 8. Bucerius-Medizinrechtstags (PDF) erörtert worden. Eine weitere Analyse des Themas von Karsten Gaede ist für die medstra in Arbeit. Sie wird die Kammerjudikatur des BVerfG zum einen kritisch beleuchten, zum anderen verdeutlichen, dass das gesetzliche bzw. vertragliche Sozialversicherungsrecht durchaus Fehlertoleranzen selbst vorsieht, die vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung umso bedeutsamer werden.

Begleitung der bevorstehenden Neuregelung der Suizidassistenz und realistische Erfassung der Entscheidungsprozesse

Nachdem 2021 infolge der Corona-Pandemie eine Verzögerung eintrat, hat der Prozess der Neuregelung der Suizidassistenz nun wieder Fahrt aufgenommen. Das Institut begleitet die politische und rechtliche Diskussion u.a. durch Beiträge zu den 2022 (überarbeitet) veröffentlichten Regelungsvorschlägen. Nachdem Karsten Gaede einen von der ZRP-Redaktion erbetenen Beitrag zum Entwurf von Castellucci/Heveling u.a. verfasst hatte, hat er als Sachverständiger an der öffentlichen und mit einem Stream verbreiteten Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen
Bundestages zum Thema Sterbebegleitung am 28. November 2022 teilgenommen. Überdies haben Jessica Krüger und Karsten Gaede die Mitwirkung im Beirat des interdisziplinären Projekts „Entscheidungsprozesse zu assistiertem Suizid: Erstellung eines Rahmenmodells aus verschiedenen Blickwinkeln“ (EPASU) , das am UKE in Hamburg von Dr. Pola Hahlweg geleitet wird, fortgesetzt. Die drittmittelgeförderte Studie will eine multiperspektivische Ist- und Bedarfsanalyse der Entscheidungsprozesse zu assistiertem Suizid in Deutschland erarbeiten.

Fortschritt der Digitalisierung und KI im Gesundheitswesen

Das IMR begleitet Prozess der Digitalisierung im Gesundheitswesen eng und tagesaktuell. Zentrale Meilensteine sind weiterhin die Erstbewertung der sozialrechtlichen Neuaufstellung des E-Rezepts, die Erwägung zu gebotenen Gesetzesnovellen und Verständnishorizonten aller relevanten
Regelungen im Bereich von Telemedizin und Fernbehandlung sowie die rechtliche Erfassungdes Einsatzes von KI im Gesundheitswesen, insbesondere in der ärztlichen Behandlung (Haftung und Grenzen, Zurechnungsprobleme, Datenschutz und Datenhandel, Finanzierung
und Qualitätssicherung).

Schaffung einer gesetzlich anerkannten Vertreterdokumentation

Der Justizministerkonferenz der Länder liegt ein Gesetzgebungsvorschlag des IMR vor, wonach ein neuer § 1827 Abs. 2a BGB eingeführt werden soll, der es dem Betreuer/Vorsorgebevollmächtigten ermöglichen würde, gleich einer Patientenverfügung im bereits eingetretenen Fall der Einwilligungsunfähigkeit des Betroffenen Verfügungen für den Notfall hinsichtlich der Gesundheitsversorgung zu treffen, die vorab ärztlich begleitet und beraten worden wären. Dieser Vorschlag wurde am 25. Januar 2024 in der Bund-Länder-Gruppe beraten und mit Jens Prütting erörtert. Es kommt in der Folge voraussichtlich zu einer Bundesratsinitiative.

Politikberatung „Strukturlandschaft Gesundheitswesen“

Das Gesellschaftsrecht der Heilberufe steht zunehmend auf dem Prüfstand. Politik und Verbände sehen zahlreiche Missstände. So ist der Gründerkreis der medizinischen Versorgungszentren dauerhaft in Streit. Auch muss die private Krankenanstaltsgründung und -überwachung kritisch hinterfragt werden. Schließlich haben sich zahlreiche Ungereimtheiten in der Berufsausübungsgemeinschaft, insbesondere im Bereich der überörtlichen Variante ergeben. Das IMR unterstützt im Rahmen gezielter Politikberatung hier die begonnenen Prozesse und gibt Denkanstöße und Expertenratschläge. In diesem Rahmen finden auch Gespräche mit der Arbeitsebenedes BMG mit dem Ziel statt, dass auch grundlegende Strukturmerkmale wie etwa das Haftungssystem der GKV mitüberdacht und bestenfalls reguliert werden. Diese Thematik fand ihren Ausdruck auch im Zusammenhang mit dem 8. Bucerius-Medizinrechtstag (PDF).

Veränderte Neuauflage des Lehrbuchs Medizin- und Gesundheitsrecht

Das bisher von Dorothea Prütting und Jens Prütting verfasste Lehrbuch zum Medizin- und Gesundheitsrecht wird im kommenden Jahr in einer stark veränderten Form in der 3. Auflage abgeschlossen werden. Prof. Dr. Karsten Scholz wird den sozial- und berufsrechtlichen Teil beisteuern; Karsten Gaede den strafrechtlichen Teil grundsätzlicher überarbeiten und ausbauen. Jens Prütting führt die Einleitung und die zivilrechtlichen Teile fort.

Auf rund 450 Seiten bietet dieses Werk gegenwärtig in einem ersten Großteil eine prägnante und studierendengerechte Einführung in das öffentliche Gesundheitswesen und dessen maßgeblichen rechtlichen Rahmen (von Professor Dr. Dorothea Prütting). Dabei werden sowohl die ambulante als auch die stationäre Versorgung sorgsam erläutert. In einem zweiten Abschnitt wird der Leser in das zivilrechtliche Arztrecht eingeführt und erhält sowohl eine Übersicht zu den vertraglichen Beziehungen zwischen Arzt und Patient als auch eine ausführliche Erörterung des zentralen Haftungswesens (von Professor Dr. Jens Prütting). Ein dritter Abschnitt zu den wesentlichen Elementen des Arztstrafrechts rundet das Bild entsprechend dem für Studierende bekannten Drei-Säulen-Modell der Rechtswissenschaft ab. Das Lehrbuch liefert zahlreiche Fallbeispiele mit Lösungsskizze und überfrachtet nicht mit Details, um eine klare Linie zu vermitteln. Auf dieser Basis können Studierende, Referendare und Doktoranden in jedem beliebigen Bereich des Medizin- und Gesundheitsrechts ansetzen und selbstständig mittels Kommentierungen, Handbüchern und vertieften Abhandlungen jegliches benötigte Sonderwissen erwerben, da die theoretische Grundlage gefestigt sein dürfte.

Schriftenreihe Studien zum Medizin- und Gesundheitsrecht bei Mohr Siebeck

Die von den Professoren Steffen Augsberg (Universität Gießen), Karsten Gaede und Jens Prütting (BLS) gemeinsam in Zusammenarbeit mit dem Verlag Mohr Siebeck herausgegebene Schriftenreihe zum Medizin- und Gesundheitsrecht (MGR) konnte im Jahr 2023 mit weiteren sechs Bänden fortgeführt werden. Die Schriftenreihe nimmt hervorragende Dissertationen (summa cum laude wird vorausgesetzt) und Habilitationsschriften sowie besonders gelungene sonstige Monographien im Medizin- und Gesundheitsrecht auf. Die Herausgeber haben sich speziell für diese Reihe einem besonders scharfen Qualitätsmanagement verpflichtet, um Arbeiten von höchster Qualität in einer sodann besonders lesenswerten Reihe zusammenzubringen. Dabei ist hervorzuheben, dass sich der Verlag Mohr Siebeck auf dem Feld juristischer Fachliteratur einen besonders exzellenten Ruf erarbeitet hat, der sich positiv auf die ins Leben gerufene Schriftenreihe auswirken sollte. Die Direktoren sind sehr glücklich, die wissenschaftliche Sichtbarkeit des Medizin- und Gesundheitsrechts auch damit weiter auszubauen und dessen stetig wachsender Bedeutung gerecht zu werden. Bereits zu Beginn des Jahres 2024 konnten weitere Autoren und Autorinnen für die Schriftenreihe gewonnen werden.

Erstellung der medstra – der Zeitschrift für Medizinstrafrecht

Ein zentrales Tätigkeitsfeld ist die Fortführung und Weiterentwicklung der Zeitschrift für Medizinstrafrecht, der medstra. Sie wird weiterhin in Zusammenarbeit mit der Universität Bielefeld konzipiert und erstellt. Die medstra wird in diesem Jahr im zehnten Jahrgang erscheinen. Anlässlich dieses Jubiläums ist eine quantitativ-qualitative Auswertung aller Beiträge geplant, die seit 2015 in der medstra erschienen oder in den Literatur- und Festschriftübersichten zusammengefasst und im vergangenen Jahr systematisch in einer Datenbank erfasst worden sind.

Mitwirkung am Kloesel/Cyran – insbesondere Erstkommentierung des Strafrechts

Jens Prütting und Karsten Gaede wirken seit letztem Jahr im eingeführten Großkommentar zum AMG Kloesel/Cyran mit. Jens Prütting gibt den Kommentar in Zukunft als Mitherausgeber heraus. Karsten Gaede wird eine Erstkommentierung aller straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Vorschriften vorlegen.

Neuauflage Ulsenheimer/Gaede Handbuch des Handbuchs Arztstrafrecht in der Praxis

Das in früheren Jahren führende Handbuch zum Arzt- bzw. Medizinstrafrecht soll in diesem Jahr in neuer Auflage erscheinen. Hierbei hat Karsten Gaede zusätzliche Teile insbesondere im Kontext der Sterbehilfe übernommen. Jens Prütting und Kilian Friedrich wirken nun in diesem Werk ebenfalls mit, um die Bedeutung der primär im Zivilrecht ansetzenden Aufklärungspflichten in der kommenden Auflage auf aktuellem Stand zu verdeutlichen.

Abgeschlossene Projekte

Antidiskriminierungsrecht im Gesundheitswesen

Gemeinsam mit dem Institut für Verhaltenstherapieforschung Hamburg wurde eine interdisziplinäre Untersuchung durchgeführt, wie sich Diagnostik und Therapie von psychischen Krankheitsbildern auf die betroffene Person und ihr Leben auswirken. Es wurde dabei besonderes Augenmerk darauf gelegt, ob und inwieweit eine Diskriminierung psychisch kranker Menschen durch das Gesundheitswesen oder sogar durch den aktuellen rechtlichen Rahmen begünstigt oder gar initiiert wird. Das Gutachten für das IVAH „Diskriminierung” infolge der Aufnahme, des Andauerns oder einer stattgehabten „Psychotherapie” – eine rechtswissenschaftliche Betrachtung de lege lata, von Jens Prütting und Dennis Kampa wurde im Juni 2023 fertig gestellt, die Veröffentlichung ist in Arbeit.

Fertigstellung des Beitrages zu Behandlungsfehlern im Handbuch „Strafrecht der Medizin“

Für das 2022 von Frank Saliger und Michael Tsambikakis herausgegebene Großhandbuch „Das Strafrecht der Medizin“ hat Karsten Gaede einen insgesamt 188 Seiten umfassenden Beitrag zur fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung im Gesundheitswesen erarbeitet. Er widmet sich insbesondere dem Problem der Überforderung durch die sog. Arbeitsverdichtung, die – nach dem Eindruck des Bearbeiters – bisher nicht notwendig gerecht bedacht worden ist.

DEFEAT PANDEMIcs

Unter welchen Umständen dürfen Obduktionen im Namen des Infektionsschutzes angeordnet werden? Entsprechen die Ermächtigungsgrundlagen für diese Anordnung den Anforderungen eines effizienten Infektionsschutzes – und wenn nicht, wie sollte sie stattdessen gestaltet sein? Die Beantwortung dieser und weiterer rechtlicher Fragestellungen wurde im Rahmen des Verbundprojektes DEFEAT PANDEMIcs in Zusammenarbeit mit dem Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf abgeschlossen. Dieses Projekt ging auf die Forschungen von Professor Dr. med. Klaus Püschel zurück, der weltweit viel beachtete Studien im Kontext der aktuellen Pandemie unternommen hatte. Im Rahmen des Instituts waren in diesem Feld neben Herrn Püschel vornehmlich Karsten Gaede und John Heidemann aktiv. Letzterer konnte als zeitweise zusätzlicher wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Unterstützung des Forschungsprojekts angestellt werden. Ziel des gesamten Verbundprojekts war es, die Entwicklung und kontinuierliche Optimierung von Strukturen und Prozessen voranzutreiben, die eine optimale Versorgung von COVID-19-Erkrankten im ganzen Bundesgebiet ermöglichen.

Das Projekt Defeat Pandemics wurde sowohl auf der empirischen als auch auf der rechtlichen Ebene von John Heidemann und Karsten Gaede in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) abgeschlossen. Erste Erkenntnisse wurden bereits auf der Herbsttagung diskutiert. Es wurden wesentliche Hindernisse identifiziert, die in der Praxis zu einem weitgehenden Leerlauf des Erkenntnismittels der Obduktion führen. Mehrere Publikationen wurden weitgehend erstellt, wobei die Forschungsergebnisse mit dem Beitrag „Pandemic Preparedness bei der Obduktion? Potentiale und Grenzen des IfSG“ in der MedR (2022 40, 893-902) einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnten. In diesem Zusammenhang unterbreiten die Autorinnen und Autoren einen Vorschlag zur Neuregelung von postmortalen Untersuchungen zum Infektionsschutz. Mit der Einführung eines § 25a innerhalb des IfSG wurde eine grundrechtssensiblere Regelung der Amtsobduktion
vorgeschlagen, die zugleich die Verfahrensrechte der Hinterbliebenen stärken sowie die Anwendung von Amtsobduktionen zum Infektionsschutz für zukünftige Pandemien rechtssicher gestalten soll. Der Novellierungsvorschlag wurde u.a. bereits dem für Reformvorhaben hinsichtlich des IfSG zuständigen Referats des BMG angetragen.

Forschungsprojekt „Advanced Care Planning“

Gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Berend Feddersen, Prof. Dr. Georg Marckmann und Prof. Dr. Jürgen in der Schmitten hat eine interdisziplinäre Forschungsgruppe – rechtlicher Part betreut durch Jens Prütting – damit begonnen, ein Konzept für die ambulante Einfassung gesundheitlicher Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase nach dem amerikanischen Vorbild des Advanced Care Planning auf die Beine zu stellen. Dabei ist zentraler Baustein die Zurverfügungstellung eines speziell geschulten Gesprächsleiters, der Menschen unterstützt, Patientenverfügungen aufzusetzen, sie über Möglichkeiten und Hintergründe von Patientenvertretern zu informieren und Gesprächskanäle zur Ärzteschaft, zur Pflege und zu weiteren Informationsbeschaffungsmöglichkeiten zu eröffnen. Aktuell werden erhebliche Bemühungen unternommen, um mit Hausarztverbänden gemeinsame Fortschritte zu erzielen. Das Thema wird nunmehr im Rahmen eines Dissertationsvorhabens behandelt und am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Medizin- und Gesundheitsrecht verfolgt

Begleitung und Durchdringung der strafrechtlichen Durchsetzung der sog. Corona-Nachweise

Jessica Krüger und Karsten Gaede haben die verschiedenen Schritte des Gesetzgebers zur Durchsetzung der Corona-Nachweise auch zum Nebenstrafrecht rechtswissenschaftlich intensiv begleitet und hierbei unter anderem die – später erfolgte – Lückenschließung angemahnt. Ebenso wurde die mit der zweiten Novellierung zugleich eingetretene Überreaktion kritisiert. Ein erster Aufsatz ist im Jahr 2021 erschienen, ein zweiter im Jahr 2022.

Lehrstuhlgründung zur weiteren Fundierung des IMR

Der Bucerius Law School ist es gelungen, Zustiftungen für die Ausschreibung eines Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Medizin- und Gesundheitsrecht einzuwerben. Damit wurde die Grundlage geschaffen, um das IMR als fachsäulenübergreifende Forschungs- und Lehreinrichtung an der Bucerius Law School dauerhaft zu erhalten und weiter auszubauen. Insbesondere wird die Günter und Lieselotte Powalla Stiftung das Institut erheblich fördern. Letzteres ist mit dem Vorhaben verbunden, insbesondere die allokativen Funktionen des Gesundheitswesens zu untersuchen. Gerade die drängende Frage der hinreichenden und guten Versorgung älterer Menschen wird insoweit besonders im Kontext eines ständig durch Innovationen leistungsfähigeren, aber auch auf die Probe gestellten Gesundheitswesen einen Forschungsschwerpunkt des IMR ausmachen.

Von der im Berufungsverfahren gefundenen Dreierliste konnte mit Jens Prütting die auf eins gelistete Person gewonnen werden. Hiermit wurde das Medizin- und Gesundheitsrecht an einem zweiten Lehrstuhl dauerhaft etabliert, wodurch eine intradisziplinäre Bearbeitung des Medizinrechts an der Bucerius Law School deutlich besser als bisher strukturell abgesichert wurde. In diesem Rahmen konnte auch eine Habilitandenstelle geschaffen werden, die mit Herrn Dr. Max Georg Hügel, M.Sc., besetzt werden konnte. Er wird einen öffentlich-rechtlichen Schwerpunkt setzen und hiermit die intradisziplinäre Tätigkeit des IMR weiter verstärken.

KI-Einsatz im Bereich des Medikationssicherheitsmanagements

Das seit nunmehr über zwei Jahren im Aufbau befindliche System „MedInspector“, welches durch zwei Apothekenverbände und einen Hausärzteverband konstruiert worden und durch Jens Prütting durchgehend juristisch begleitet worden ist, hat Marktreife erlangt. Es handelt sich um ein spezielles Medikationssicherheitsmanagementsystem, welches – nebst Nutzung aktueller pharmazeutischer Datenbanken – besondere Schnittstellen für technische Recherche- und Lernmöglichkeiten bereithält, um die wachsenden Möglichkeiten der KI-Entwicklung im pharmazeutischen Bereich zu Gunsten der Patienten nutzbar zu machen. Fehlerhafte Medikation nimmt einen bedeutenden Anteil standardwidrig behandelter Patienten jährlich ein, was hiermit effektiv bekämpft werden soll. Es besteht die begründete Hoffnung, durch dieses System insbesondere mittels Einsatzes in Pflegeeinrichtungen jährlich mehrere tausend Menschen vor Fehlmedikationen mit Todesfolge zu schützen.

Streit um die staatliche Monopolisierung des elektronischen RX-Versands

Mit der Modifikation des § 11 Abs. 1 ApoG und der Neuschaffung des § 11 Abs. 1a ApoG ist die entgeltliche Durch- und Weiterleitung sowie das Makeln im Bereich von RX-Arzneimittelrezepten durch jeglichen Anbieter untersagt worden, der keine spezielle Konzession hierfür hat. Für eine entsprechende Erlaubnisvergabe scheint derzeit die KBV im Gespräch zu sein. Der vom Gesetzgeber genannte Hintergrund dieser Monopolisierung ist die angeblich drohende Gefahr von „Verwerfungen am Apothekenmarkt“. Dieses Argumentationsmuster ist allerdings durchaus streitbar. Im Rahmen einer privaten Initiative wird gegen diese Verbotsvorschrift vorgegangen. Jens Prütting führt dieses Verfahren vor den Gerichten und begleitet es wissenschaftlich.

Abschluss der Tätigkeit für die interdisziplinäre Regierungskommission „Universitätsmedizin 2020“

Karsten Gaede hat Anfang des Jahres 2020 als Mitglied der „Kommission Universitätsmedizin 2020“, die das Wissenschaftsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern einberufen hatte, ein weiteres Gutachten zur Fragen der Compliance unter den Bedingungen der Universitätsmedizin erstattet und an der weiteren Kommissionsarbeit mitgewirkt. Die Tätigkeit der interdisziplinär besetzten Kommission wurde mit ihrem Abschlussbericht im Laufe des Jahres beendet. Eine veränderte Compliance-Struktur und die gesetzliche Verankerung des Compliance-Aspekts sind seitens der beteiligten Kliniken bzw. der Landesregierung geplant.

Mitwirkung im Arbeitskreis „Offene Fragen der Reproduktionsmedizin“ des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer hatte 2018 beschlossen, Karsten Gaede in den interdisziplinären Arbeitskreis „Offene Fragen der Reproduktionsmedizin“ aufzunehmen. Im vergangenen Jahr hat dieser Arbeitskreis das juristisch abgestützte Memorandum für eine Reform des Embryonenschutzgesetzes („Dreierregel, Eizellspende und Embryonenspende im Fokus“) abschließen können. Für den 124. Deutschen Ärztetag in Rostock wurde ein entsprechender Antrag zur Abstimmung vorbereitet.

Abschluss Habilitation Prütting

Der erfolgreiche Abschluss der Habilitation von Jens Prütting an der Universität Heidelberg mit einer Monographie zum Thema „Rechtsgebietsübergreifende Normenkollisionen“ und einem Habilitationsvortrag zum Thema „Leben als Schaden“ kann vermeldet werden. Der Habilitationsvortrag wird noch im Rahmen eines größeren Aufsatzes veröffentlicht werden. Die Monographie erscheint bis spätestens Mitte des Jahres 2020 in der Reihe ius privatum bei Mohr Siebeck. Schon vor Veröffentlichung – auf Basis interner Begutachtung – wurde die Schrift vom Förderverein des Instituts für Medizin- und Gesundheitsrecht der Universitäten Mannheim und Heidelberg mit dem dort jährlich vergebenen Förderpreis ausgezeichnet.

Die Forschung zu rechtsgebietsübergreifenden Normenkollisionen im Medizin- und Gesundheitsrecht ist indes noch lange nicht beendet. Der Monographie gingen bereits mehrere Einzeluntersuchungen voran – ihr werden weitere nachfolgen.

Mitwirkung in der interdisziplinären Regierungskommission „Universitätsmedizin 2020“

Prof. Karsten Gaede war über das gesamte Jahr 2019 in der „Kommission Universitätsmedizin 2020“ tätig, die das Wissenschaftsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern einberufen hatte. Gemeinsam mit fünf weiteren Experten aus Medizin, Forschung, Pflege und Wirtschaft wurden hier diverse Themenfelder untersucht, welche die Arbeit der Universitätskliniken in Greifswald und Rostock prägen. Zum einen lag die Bewältigung des Spagats zwischen einer wirtschaftlichen und zugleich leistungsstarken und patientenwohlorientierten Behandlung und Forschung im Fokus. Zum anderen hat Prof. Gaede für das IMR ein 70-seitiges Gutachten verfasst, welches strafrechtliche Verdachtslagen aufarbeitet und Maßnahmen ableitet, welche die Health-Care-Compliance für die Zukunft verbessern sollen (s.u.V.).

Expertengremium Selbstbestimmungsaufklärung

Die am IMR schon im Jahre 2018 entstandene interdisziplinär zusammengesetzte Expertenrunde, die sich aus medizinischer, psychologischer, ethischer und juristischer Sicht mit den Details der Selbstbestimmungsaufklärung im klinischen Alltag befasst, hat ihre Arbeit im Jahr 2019 fortgesetzt. Wie anfänglich geplant, sind erwünschte und unerwünschte Effekte der Aufklärung (Placebo, Nocebo), Sinnhaftigkeit und Begrenzungsgebote rechtlicher Rahmenvorgaben, ethische Ansprüche an ärztliches Verhalten und die patientenzentrierte Sicht auf die Vielfalt denkbarer Belehrungssituationen untersucht worden. Das Gremium ist im Jahr 2019 mehrfach zusammengetreten und erarbeitet aktuell seine Abschlusserklärung zum ersten großen Themenblock, die im Jahr 2020 veröffentlicht werden soll. Da sich die Konsensfindung zu rechtspolitischen Forderungen und Hinweisen auf Basis bestehender Meinungsvielfalt wiederholt schwierig gestaltet hat, kann ein Erscheinungsdatum aber noch nicht sicher prognostiziert werden.

Mitwirkung im Arbeitskreis „Offene Fragen der Reproduktionsmedizin“ des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer hatte 2018 beschlossen, Prof. Karsten Gaede in den interdisziplinären Arbeitskreis „Offene Fragen der Reproduktionsmedizin“ aufzunehmen. Im vergangenen Jahr hat dieser Arbeitskreis mehrfach getagt und ein juristisch abgestütztes Memorandum für eine Reform des Embryonenschutzgesetzes erarbeitet („Dreierregel, Eizellspende und Embryonenspende im Fokus“), das sich derzeit in der Abstimmung innerhalb der Bundesärztekammer befindet.

Das Fernbehandlungsverbot und seine Zukunftsfestigkeit

Dem Beispiel des § 7 Abs. 4 MBO-Ä folgend sehen alle Berufsordnungen der jeweils zuständigen Ärztekammern das Verbot reiner Fernbehandlung vor. Es gibt jedoch mit Blick auf das Zeitalter der Digitalisierung und erweiterter Diagnose- und Therapiemöglichkeiten Bestrebungen, diese Restriktion zur Diskussion zu stellen. Im Rahmen telemedizinischen Vorgehens mit einem vor Ort anwesenden Behandler existieren bereits jetzt einige Modelle, die auf eine zunehmende Nutzung moderner Technologien im Heilberufswesen drängen.

Am IMR werden Vor- und Nachteile des Fernbehandlungsverbotes in seiner aktuellen Form intra- und interdisziplinär von beiden geschäftsführenden Direktoren eingehend untersucht und zukunftsweisende Möglichkeiten für eine Veränderung erarbeitet. Dies geschieht in Korrespondenz und Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer sowie ärztlichen Kolleginnen und Kollegen aus der Behandlungspraxis.

Kommentar Prütting – Medizinrecht (5. Auflage 2018)

In der 5. Auflage des Kommentars Prütting – Medizinrecht werden – nebst dem bislang behandelten Verjährungsrecht – von Professor Dr. Jens Prütting das allgemeine Schadensrecht der §§ 249 – 254 BGB, das Recht des Behandlungsvertrages nach den §§ 630a – 630h BGB und das Recht der unerlaubten Handlungen nach den §§ 823, 831, 842 – 845 BGB vollständig neu behandelt.

Kommentar Ratzel/Lippert/Prütting – Musterberufsordnung Ärzte (7. Auflage 2018)

In 2018 erscheint die lang erwartete 7. Auflage des bestens eingeführten Kommentars zur Musterberufsordnung Ärzte, nunmehr unter der gemeinsamen Herausgeberschaft Ratzel/Lippert/Prütting. Professor Dr. Prütting übernimmt in dieser Auflage die Kommentierung der §§ 1, 2, 7 und 8. In künftigen Auflagen ist eine Erweiterung dieser Kommentierungstätigkeit zwischen den Herausgebern angedacht.

Korruptionsverfolgung im Gesundheitswesen

Zur ständigen Forschungstätigkeit des Instituts gehört es, die Entwicklung des Korruptionsstrafrechts, insbesondere, aber nicht nur, im Gesundheitswesen zu verfolgen und soweit möglich mitzugestalten. Dies geschieht zum einen, um eine aktuelle Beratung und Expertise in den sehr umstrittenen Fragen der Auslegung insbesondere der Spezialnormen für das Gesundheitswesen (§§ 299a und 299b StGB) leisten zu können. Zum anderen dient dies der Fortführung der Kommentierung der §§ 11, 299, 299a, 299b, 300-302, 331 ff. StGB im Nomosgroßkommentar zum Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, hrsg. von Leitner/Rosenau, die Professor Dr. Karsten Gaede übernommen und in erster Auflage bereits vorgelegt hat.

Auswahl betreuter Dissertationsprojekte

Zurzeit werden am Institut u.a. folgende medizinrechtliche Dissertationen/Dissertationen mit spezifischer Bedeutung für das Gesundheitswesen betreut (Arbeitstitel):

  • Mark Becker – Die Mitteilung von Zufallsbefunden in Studien mit hochauflösenden bildgebenden Verfahren – (Professor Dr. Jens Prütting, LL.M.oec.)
  • Maximilian Constantin Epping – Humanoptimierung im Recht – (Professor Dr. Jens Prütting, LL.M.oec.)
  • Charlotte Schnitzler – Off-Label-Use von Medizinprodukten (Prof. Dr. Jens Prütting, LL.M.oec.)
  • Robin Stubenrauch – Das informatorische Gespräch im ärztlichen Behandlungsverhältnis - Eine Untersuchung zur Reichweite des § 630c Abs. 2 S. 1 BGB mit besonderem Blick auf den Indikationsbegriff (Prof. Dr. Jens Prütting, LL.M.oec.)

Kontakt

Institut für Medizinrecht
Bucerius Law School
Jungiusstr. 6
20355 Hamburg

E: medizinrecht(at)law-school.de
T: (040) 30706-151 oder -240

Hamburg