Das Studium generale der Bucerius Law School bietet den Studierenden die Möglichkeit, durch den Genuss außerjuristischer Inhalte über den Tellerrand des reinen Jurastudiums hinauszublicken. Dazu werden regelmäßig Veranstaltungen mit interessanten Gästen zu Themen wie Politik, Wissenschaft und Kultur angeboten. Ein traditionsreicher Bestandteil sind die sogenannten „Kunststreifzüge“. Dabei organisiert das Studium generale den Besuch von Ausstellungen unter Begleitung der Künstler oder anderer Experten.
Was vor der Corona-Pandemie noch problemlos möglich war, gestaltet sich nun schwerer. Das Studium generale hat in diesem Frühjahrstrimester 2021 aber doch eine Lösung gefunden: Christian Kintz von den Deichtorhallen stellte den interessierten Studierenden am 17. Februar per Zoom die Werke der Fotografen Matt Black und Jerry Berndt vor.
Die Teilnehmerin Paula Bluck berichtet:
Matt Blacks zynischer Blick auf Amerika
Die erste Ausstellung, durch die wir geleitet wurden, war die „American Geography“ von Matt Black. Der Fotograf dokumentierte seine Zeit in schwarz-weiß und das ausschließlich. Diese Wahl ist von Bedeutung, die Möglichkeit zur Farbfotografie hätte er nämlich gehabt. Eine zeitliche Einordnung der Bilder wird so erschwert, womit sie an Relevanz kaum erschöpflich sind. Black erzählt mit seiner Fotografie Geschichten von Ausgrenzung, Klassen, Ungerechtigkeit und Protest. Die Ausstellung zeichnet sich durch ihre Komposition aus. Nicht nur in den Bildern an sich, sondern auch untereinander, überließ Black nichts dem Zufall. Die Werke spielen miteinander und beeinflussen sich gegenseitig, womit die Assoziationen stets beim Betrachter bleiben.
Gerade solch eine Ausstellung lebt eigentlich von der Präsenz im Raum, um die Werke und ihre Interaktion wahrnehmen zu können. Aufnahmen des Gesamtraumes und die abgestimmte Aneinanderreihung der Werke sowie gezielte Hinweise des Guides ermöglichten allerdings trotzdem ein Verständnis der Systematik von Blacks Kunst.
Protest Go Viral
Im Übergang von Matt Blacks Ausstellung, zu der von Jerry Berndt sind überdimensionale Bildschirme installiert: überdimensionale Smartphones, über die die Hashtags ungefiltert gleiten. Sie stehen für die Demokratisierung der Kunst, leben davon, dass sie interaktiv sind. Plattformen werden gegeben und mit ihnen neue Anforderungen geboren auf unsere Demokratie aufzupassen. Protest Go Viral legt es darauf an, ungefiltert gesehen und von uns kritisiert werden.
Frontjournalismus mit Jerry Berndt
Im Gegensatz zu Matt Black zeigt Jerry Bernd in der Ausstellung „Beautiful America“ die Armut, nicht den Aufstand. Er fängt in seinen Fotos einen eher post-apokalyptischen Blick auf Amerika ein. Auch Bernd fotografierte ausschließlich in schwarz-weiß, womit er die Zeit anhielt. Die Fotos stecken voller Symbolik, Bernd spielt mit Spiegelungen, Körnungen und dem Format. So suggeriert die Fotografie einer Wüste im Querformat plötzlich Unendlichkeit und in der Fensterscheibe eines Brautmodengeschäfts spiegelt sich neben einem pompösen Kleid die blanke Armut in Form eines kleinen Jungen. Bernds Nachricht an den Konsumenten seiner Kunst: Reichtum braucht Armut und wer die Armut abschaffen will, muss seine eigene Idee vom Reichtum aufgeben.
Eine Gruppe von 40 Interessierten folgte den Ausführungen von Christian Kintz und verbrachte ihren Nachmittag gedanklich, bestens informiert und gefühlt kunstvoll in den Deichtorhallen. Es geht auch digital!