Die Ampel-Regierung hat mit den Änderungen des Energiesicherungsgesetzes ein Instrument geschaffen, um auf den angespannten Gasmarkt und die gefährdete Energieversorgung reagieren zu können. Damit verfügt der Staat über eine Rechtsgrundlage, um in den Gasmarkt einzugreifen, wenn die Energieversorgung „unmittelbar gefährdet“ oder sogar „gestört“ ist. Wie das novellierte Energiesicherungsgesetz aus rechtlicher Sicht einzuordnen ist und welche Konsequenzen damit für die verschiedenen Akteure der Energiewirtschaft und die Endkunden verbunden sein werden, wurde im Rahmen der Berlin Lecture on Energy am 27. September 2022 mit ausgewählten Stakeholdern und PolitikerInnen in den Räumen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) diskutiert.
Keynote
In seiner Keynote ordnete Prof. Dr. Christian Theobald, Partner bei Becker Büttner Held, zunächst das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) in das System der Gesetze und Verordnungen, die bei der Gasversorgung ineinandergreifen, ein. Das EnSiG regelt dabei die Verteilung von Strom und Gas im Krisen- oder Notstandsfall sowie Entschädigungen für Kunden durch den Staat bei Zwangsabschaltungen mit schwerwiegenden Folgen. Im Anschluss stellte Theobald die Novellierungen des Gesetzes im Mai sowie Juli 2022 vor. Im Zuge der Änderungen erhielt nicht nur die Bundesnetzagentur (BNetzA) als Bundeslastverteiler zahlreiche neue Eingriffsbefugnisse, sondern es wurden auch die gesetzliche Grundlage für ein Datenportal für die Erfassung von Verbrauchsdaten geschaffen (Sicherheitsplattform für Erdgas) sowie Preisanpassungsrechte ins Gesetz aufgenommen. Theobald wies darauf hin, dass es infolge der Novelle zu Konflikten und Widersprüchen zwischen Maßnahmen der BNetzA als Bundeslastverteiler und der Fern- und Verteilnetzbetreiber as Verantwortliche für die Systemstabilität (§ 16 Abs. 2 EnWG) kommen könne. Auch skizzierte Theobald, welche weiteren Änderungen in den kommenden Tagen und Wochen anstehen könnten, insbesondere hinsichtlich der Weitergabe der Kostensteigerungen bei der Gasbeschaffung an die Endkunden und mögliche Umlagen.
Diskussion
Aufgrund der im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung besonders virulenten Debatte um Umlagen und Preisanpassungsmechanismen waren diese auch ein zentrales Thema der anschließenden Podiumsdiskussion. Außerdem diskutierten die Panelist:innen, ob die Bundesregierung neben den jüngsten Gesetzesnovellen des EnSiG ausreichende Maßnahmen ergriffen habe, um die Energieversorgung im Winter sicherzustellen, und welche Rolle nun den VerbraucherInnen bei der Energieinsparung zukomme.
Es diskutierten:
- Dr. Paula Hahn, Abteilungsleiterin im Bereich Recht des BDEW
- Dr. Alexander Götz, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer der Abteilung Energiewirtschaft des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU)
- Fabian Gramling, MdB (CDU/CSU)
- Dr. Chris Mögelin, Leiter des Justiziariats der BNetzA
- Dr. Ingrid Nestle, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)
Das Podium wurde moderiert von Dr. Werner Schnappauf, Staatsminister a.D., Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung und Chairman des Center for Interdisciplinary Research on Energy, Climate and Sustainability (CECS) der Bucerius Law School, und Dr. Annette Nietfeld, Geschäftsführerin des Forums für Zukunftsenergien e.V.
Im Anschluss lud der BDEW zu einem Empfang ein, bei dem die Diskussion in kleineren Runden fortgesetzt werden konnten. Wir bedanken uns herzlich für die Gastfreundschaft!
Weitere Informationen
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