Das islamische Recht existiert nicht

Die Grundzüge des islamischen Rechts "to go"

Auf Einladung der Hochschulgruppe „International Coffee Break“ servierte Nadjma Yassari, Referentin für „Das Recht Gottes im Wandel – Rechtsvergleichung im Familien- und Erbrecht islamischer Länder“ am Max-Planck-Institut, am 24. Februar 2015 islamisches Recht „to go“. Mit viel Charme und Witz bewies die gebürtige Iranerin, dass es nicht „das“ islamische Recht gebe – sondern dieses sei vielmehr von verschiedenen Auslegungslehren geprägt.

Yassari führte die Studierenden Schritt für Schritt durch die Grundzüge des islamischen Rechts. Das „Angstwort Scharia“ bedeute nicht viel mehr als „Der Weg zur Quelle“, also Gott, und so machten sich schon seit Jahrtausenden Gelehrte auf die Suche nach dem wahren islamischen Recht. Als Rechtsquellen dienten zum einen der Koran mit seinen über 6000 Versen, wovon ca. 80 für die Herausarbeitung eines islamischen Rechts relevant seien, und die Sunna, die Überlieferung von Handlungsweisen des Propheten Mohammed. So hätten sich im Laufe der Jahrhunderte mehrere Rechtsschulen herauskristallisiert, wobei die vier sunnitischen und die zwei schiitischen zu den Bedeutsamsten zählen. Wie sie an anschaulichen Beispielen zeigte, hinge im Ergebnis der bedeutungsgehalt der Suren von der Deutungshoheit des Interpretierenden ab. Durch das Potential an verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten könne fast jedem realpolitischen Gesetzeswunsch der „islamische Mantel“ umgehängt werden. Was auf der anderen Seite die Möglichkeit biete, Suren aus ihrem Kontext zu reißen und für extremistische Äußerungen – sowohl auf islamistischer als auch auf anti-islamischer Seite – zu nutzen.

Ein Vortrag, der sowohl über die eigene gesellschaftliche Entwicklung als auch über den öffentlichen Umgang mit dem Islam nachdenken lässt. Eine kritische und fundierte Auseinandersetzung mit den islamischen Rechtslehren, die in dieser Form leider viel zu wenig in den Medien stattfindet.

Text

Isabella Naujoks, Studentin

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