Das Jurastudium im ersten Semester an der Fordham School of Law

Ein Blick über den Tellerrand – ein Blick auf die Ausbildung an einer amerikanischen Law School.

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Wer sich viel mit dem Thema Lehre beschäftigt, stellt sich immer wieder die Frage: „Was kann ich besser machen?“. Auf der Suche nach einer Antwort kann der horizonterweiternde Blick in andere Länder hilfreich sein. Mein Blick richtete sich auf eine unserer Partneruniversitäten, auf die Fordham School of Law in New York City. Vor allem wollte ich herausfinden, ob und wie sich der Studienalltag von Studienanfängern der Fordham School of Law von dem der Bucerius Law School unterscheidet. Aus diesem Grund habe ich einige Wochen eine Sektion von Studienanfängern bei ihren Veranstaltungen begleitet. Am Ende habe ich 76 Studierende im ersten Semester zu meinen Beobachtungen befragt und zahlreiche Gespräche mit Professoren und Studierenden geführt. Schließlich habe ich noch zwei weitere unserer Partneruniversitäten, die Brooklyn School of Law und die Cardozo School of Law, besucht.

Die Unterrichtsmethoden unterscheiden sich zum Teil stark von denen in Deutschland. Die Professoren erwarten, dass die Studierenden sich auf die Vorlesung vorbereiten, indem sie bestimmte Gerichtsentscheidungen lesen (Vorbereitungsmethode). In der Veranstaltung leitet der Dozent die Studierenden mit intensiven Fragen („socratic method“) an, die vorbereiteten Fälle zu analysieren. Auf diese Weise arbeiten die Studierenden selbst den substanziellen Gehalt der Fälle heraus („case method“). Zum Teil werden die Studierenden auch aufgerufen, wenn sie sich nicht melden („blind calling“). Überraschenderweise stimmten 19,7 % voll und 47,4 % überwiegend der Aussage zu, dass sie das „blind calling“ mögen, weil es herausfordernd ist. Mit ca. einem Drittel bleibt aber auch ein beachtlicher Teil, den diese Art der Unterrichtsgestaltung nicht anspricht.

Insgesamt sind die Studierenden sehr aktiv in den Unterricht einbezogen. Im Mittelpunkt der Vorlesung steht in zahlreichen Fällen die Diskussion, die nicht durch die Lektüre eines Skriptes oder Lehrbuchs ersetzt werden kann. Über den Grund der vollen Hörsäle lässt sich nur spekulieren:  Ist die Art des Unterrichts, die Anwesenheitspflicht oder eine Kumulation aus beiden der Grund? 55,3 % der befragten Studierenden jedenfalls stimmten der Aussage voll zu, dass die Vorbereitung auf die Vorlesung effektiv ist, weil in der Stunde mehr Zeit zum Diskutieren bleibt. 39,5 % hielten die Aussage für überwiegend zutreffend.

Auffallend ist weiter, dass im Vergleich zum Studium in Deutschland auch andere Formate angeboten werden. Ein sehr zentraler Kurs im ersten Studienjahr ist das „Legal Writing“, in dem die Studierenden lernen, wie juristische Schriftsätze verfasst werden. Ergänzend wird über sechs Wochen ein „Legal Research Kurs“ angeboten, der vom juristisch ausgebildeten Bibliotheksteam unterrichtet wird und vermitteln soll, wie Entscheidungen und Normen sowohl in Print als auch Online schnell gefunden und korrekt zitiert werden.

Natürlich müssen bei einem Vergleich des Jurastudiums in den USA und in Deutschland die unterschiedlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Nennenswerte Unterschiede sind dabei vor allem die unterschiedlichen Rechtssysteme. Während in den USA das Common Law herrscht, ist unser Rechtssystem von Civil Law geprägt. Außerdem besuchen die Studierenden ein College, bevor sie ihr Studium an einer Law School aufnehmen, und sind daher im Vergleich zu Studienanfängern in Deutschland älter. Ferner bleibt zu erwähnen, dass es in den USA keine dem Referendariat vergleichbare praktische Ausbildung gibt. Alle diese Unterschiede führen dazu, dass Lehrmethoden nicht eins zu eins übertragen werden können. Anregungen können die Unterrichtsmodelle in den USA gleichwohl bieten.

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