Dem. Kontrolle der Strafjustiz in Japan

Im Rahmen ihrer Forschungsaufenthalte nehmen Prof. Kazushige Doi und Prof. Hiromi Naito zur demokratischen Klageerzwingung in Japan Stellung.

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Auf Einladung von Professor Dr. Karsten Gaede (Lehrstuhl Strafrecht II) und der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung (DJJV) hielt Professor Kazushige Doi, LL.M., Universität Kitakyūshū, einen von Professor Hiromi Naito, Universität Kumamoto, kommentierten Vortrag zur Klageerzwingung und der demokratischen Kontrolle der Strafjustiz in Japan, der insbesondere auf die Fukushima-Katastrophe einging. Der hybrid ausgerichteten Veranstaltung folgten insgesamt rund 50 am Rechtsvergleich interessierte Gäste. 

 

DIE REFERENTEN PROF. DOI UND PROF. NAITO

Professor Kazushige Doi und Professor Naito schlossen mit dem Vortragsabend ihren Forschungsbesuch am Lehrstuhl Strafrecht II der Bucerius Law School ab. Prof. Doi hat in Marburg einen LL.M. erworben und ist Assistenzprofessor an der Universität Kitakyūshū. Er forscht derzeit an seiner rechtsvergleichenden strafprozessualen Dissertation, die er bei Professor Dr. Christoph Safferling an der Univ. Erlangen-Nürnberg verfasst.

Professor Naito von der Universität Kumamoto war bereits zum wiederholten Male Gast der Bucerius Law School. Derzeit beforscht er rechtsvergleichend Fragen der Reichweite des Gesetzesvorbehalts bei Ermittlungseingriffen.

 

DER VORTRAG

Nach einem Grußwort des Ehrenpräsidenten der DJJV, Dr. Jan Grotheer, Präsident des Finanzgerichts Hamburg a.D., erläuterte Prof. Doi das japanische System der Klageerzwingung durch einen mit Laien besetzten und juristisch beratenen Untersuchungsausschuss. Er machte zunächst deutlich, dass in Japan seitens der Staatsanwaltschaft hohe Anforderungen an den hinreichenden Tatverdacht gestellt werden, was zu einer starken Ausfilterung der Verdachtsfälle im Vorfeld der Hauptverhandlung führe.

Im Fall einer ausbleibenden Anklage könne aber ein Untersuchungsausschuss insbesondere auf den Antrag eines Verletzten in einem mehrstufigen Verfahren einen Beschluss zur Anklageerhebung fassen. Hiermit erläuterte er insbesondere anhand des Fukushima-Falles, in dem die Anklage auf einer Klageerzwingung beruhte, ein bemerkenswertes Modell der demokratischen Kontrolle der Ausübung des staatlichen Anklagemonopols. Zugleich verdeutlichte Prof. Doi die Kritik, die eine Ausweitung der Strafverfolgung unter einer unzureichenden Beachtung der Verteidigungsrechte einwendet.

Anschließend kommentierte Prof. Naito den Vortrag. Auch er sah die Klageerzwingung durch den Untersuchungsausschuss grundsätzlich positiv, wies aber gleichwohl auf ungelöste Probleme hinsichtlich der Beschuldigtenrechte hin. Zudem betonte er kritisch, dass in Japan ein Schutz vor unsubstantiierten Anklagen der Staatsanwaltschaft fehle, die im Einzelfall ebenfalls zu besorgen seien.

 

RECHTSVERGLEICHENDE DISKUSSIONEN

In der abschließenden Diskussion nutzten die Gäste die Gelegenheit, sich mit den japanischen Kollegen auszutauschen. Hier standen insbesondere die Unterschiede zur Debatte, die sich aus dem japanischen Parteiprozess ergeben. Vor allem wurde diskutiert, ob auch im japanischen Modell ein Gericht bzw. ein Verfahrensrichter zur Kontrolle der Anklagepraxis der Staatsanwaltschaft tätig werden könnte, um Übersteigerungen durch die Tätigkeit von Laien zu vermeiden.

In der Debatte machte Prof. Doi den in Japan bereits kritisierten Umstand deutlich, dass der Untersuchungsausschuss bisher nicht klar an die Anforderungen für die Anklageerhebung gebunden sei, die für die Staatsanwaltschaft gelten.

 

Text

Lucas Walker

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