Obwohl die Pandemie den internationalen Reiseverkehr vorerst zum Erliegen gebracht hat, sollte dies nicht für den Legal London Trip der Bucerius Law School gelten. Normalerweise reisen jedes Jahr im März 20 Studierende der Hochschule aus dem ersten und zweiten Studienjahr für eine Woche nach London. Ziel ist es, die wichtigsten juristischen und politischen Institutionen des Vereinigten Königreichs kennenzulernen.
Da dies aufgrund bestehender Reisebeschränkungen nicht möglich war, entschied sich das Fremdsprachenprogramm in diesem Jahr für eine zweitätige Online-Veranstaltung.
Eindrücke aus einer Wirtschaftskanzlei
Das Hauptevent war eine Veranstaltung der Londoner Wirtschaftskanzlei McDermott Will & Emery, die den Studierenden das Leben und Arbeiten in einer Londoner Wirtschaftskanzlei näherbrachte. Zunächst unterhielten Partner*innen, Associates, Praktikanten und Praktikantinnen der Kanzlei die Studierenden mit unterhaltsamen „war stories“ aus dem Kanzleialltag. Im Anschluss konnten sich die Teilnehmer*innen in verschiedenen Breakout-Räumen mit jüngeren Anwälten und Anwältinnen der Kanzlei austauschen. Dabei wurden viele Fragen gestellt – ein untrügliches Zeichen für den Erfolg der Veranstaltung.
Londoner (Schieds-)Gerichte und die Houses of Parliament
Die Tour beinhaltete auch eine Online-Präsentation über die Geschichte des Obersten Gerichtshofs des Vereinigten Königsreichs. Unter anderem erläuterte der Referent, wie das „House of Lords“ zum heutigen „Supreme Court“ wurde und gab den Studierenden einen Überblick über einige der wichtigsten Fälle des Gerichts.
Allerdings müssen natürlich nicht alle Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen werden. Dies demonstrierte den Teilnehmer*innen Andy Rogers vom Centre for Effective Dispute Resolution. In seiner Präsentation ging es um Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit als wertvolle Werkzeuge der Konfliktlösung.
Weiterhin nahmen die Studierenden an einer Online-Führung durch den Palace of Westminster teil. Dieser beherbergt das Parlament und damit Großbritanniens höchste legislative Institution. Der fachkundige Guide führte virtuell durch die weltberühmte Lobby des Parlaments, zum House of Commons sowie zum House of Lords. Dabei wies er auf die vielen historischen Kunstwerke hin, die in dem Gebäude ausgestellt sind.
Einblicke in den Alltag englischer Prozessanwälte
Ein weiterer Höhepunkt der Tour war ein Vortrag von Christa Richmond vom Middle Temple. Der Middle Temple ist einer der vier Londoner „Inns of Court“, wo englische Prozessanwälte (Barristers) ausgebildet werden und ihre Kanzleien haben. Durch das Online-Format konnten die Studierenden zwar weder die Schönheit des Middle Temple noch das traditionelle Mittagessen im elisabethanischen Speisesaal genießen. Dennoch bekamen sie eine Vorstellung von der Arbeit im Inn und seiner Rolle im Leben der Barristers.
Um den Beruf des Barristers ging es auch in einem Q&A mit Sara Masters, QC. Masters ist eine Queen’s Cousel – eine besonders erfahrene und erfolgreiche Prozessanwältin. Die Studierenden hatten große Freude im Gespräch mit Sara, die scharfsinnige und witzige Antworten auf die gestellten Fragen gab und die Erwartungen damit mehr als erfüllte. Das Q&A ergänzte eine frühere Veranstaltung, "Beer with a barrister". Dabei hatten die Studierenden die Möglichkeit, von den Erfahrungen zweier jüngerer Londoner Strafrechtsanwälte zu hören, James Caldwell und Sushil Kumar. Beide sind ehemalige Lehrbeauftragte für Legal English an der Bucerius Law School.
Edmund Burke und das politische System des 18. Jahrhunderts
Abgerundet wurde der virtuelle Trip durch einen Vortrag von Richard Bourke, Professor of political thought an der Universität Cambridge. Er hielt an der Middle Temple Historical Society einen Vortrag über Leben und Vermächtnis des anglo-irischen Parlamentsabgeordneten Edmund Burke. Für die Studierenden war es ein großes Privileg, diesem Vortrag von höchstem akademischen Niveau beizuwohnen. Es wurde offensichtlich, dass es sich bei Burke um einen komplexen und oft missverstanden politischen Denker handelt.
Insgesamt war der erste digitale Legal London Trip ein großer Erfolg, obwohl es schade ist, dass die Studierenden dieses Jahr nicht persönlich in London sein konnten. Es bleibt zu hoffen, dass der Trip nächstes Jahr wieder nach „Blighty“ zurückkehren kann, um die Vorzüge Londons noch einmal persönlich zu genießen!