Disruption, Wandel und Zusammenarbeit

Das dritte Bucerius Open Innovation Lab endet mit unterschiedlichen Ein- und Ausblicken auf die Zukunft des Rechtsmarkts

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Disruption als schleichender Prozess

Dem Rechtsmarkt stehen tiefgreifende Veränderungen bevor, so viel ist sicher. Die Treiber und Konsequenzen dieses allmählichen Wandels vorauszuahnen - der in der Regel nicht im Sinne einer Welle, die alles hinwegspült geschieht, sondern vielmehr schleichend, unmerklich und kleinschrittig -, war Ziel des fünften und letzten Moduls der Runde aus Kanzleien, Rechtsabteilungen und Technologieanbietern.

Christoph Keese, Geschäftsführer der Axel Springer Consulting Group und Experte für Disruption, eröffnete den Tag mit einer anregenden Beobachtung: die sphärische Metaphorik, mit der das Internet beschrieben werde („cloud“ etc.), lenke von dem handfesten Charakter der Infrastruktur ab, auf die das Internet zurückgreift. Was aber handfest ist, kann man greifen und ist der Regulierung zugänglich. Eine KI-getriebene Kommodifizierung von Rechtsdienstleistungen, so Keese, sorgt zunächst für größere Margen, verleitet aber auch zur Selbstzufriedenheit: Jurist:innen könnten den Wandel verschlafen.

Drei Perspektiven auf die Zukunft des Rechtsmarkts 

Im Anschluss an Keeses warnenden Weckruf kamen drei Perspektiven zur Geltung, die bislang wenig Berücksichtigung gefunden hatten: die Perspektive der Justiz, der Rechtssuchenden und der nächsten Generation von Juristen und Juristinnen. 

Philip Scholz vom Bundesjustizministerium skizzierte die Arbeit am Zivilprozess der Zukunft. Perspektivenvielfalt und Föderalismus sorgen dabei für ein mitunter langsames Tempo – gleichwohl gibt es Experimentierräume, die den Zugang zum Recht schrittweise verbessern werden. Markus Hartung (Gründer und Senior Fellow des Bucerius Center on the Legal Profession) forderte, eben jenen Zugang zum Recht drastisch zu verbessern und wies darauf hin, dass dies bei deutlich abnehmenden Jura-Absolventenzahlen nur mithilfe von weitgehender Automatisierung, womöglich zukünftig gar im Wege des sich selbst ausführenden Rechts („embedded law“) möglich sei. Und Til Bußmann-Welsch von der Initiative iur.reform legte dar, dass sich der juristische Ausbildungsweg grundlegend verändern müsse, wenn von Jurist:innen zukünftig nicht nur Rechts-, sondern auch Technikkenntnis und Einfühlungsvermögen erwartet werde („Kürzung des inhaltlichen Lehrstoffs um ca. 90%“). 

Steile Thesen und versöhnlicher Ausblick

Am Nachmittag lud Moderator Felix Wendenburg dann die Teilnehmenden dazu ein, in einem World Café-Format zugespitzte Prognosen für die Zukunft des Rechtsmarkts zu entwerfen, bevor Stefanie Otte vom OLG Celle eine versöhnliche Perspektive einnahm: Nur eine beteiligungsorientierte Herangehensweise, die die Interessen aller Rechtsmarktakteure einbezieht, stelle sicher, dass wir die technologiegetriebenen Veränderungen, die wir erwarten, nutzen können, um Rechtsdienstleistungen effizienter zu erbringen und dabei den Rechtsstaat zu stärken.

Damit endete das dritte Bucerius Open Innovation Lab und die teilnehmenden Institutionen haben nun die Chance im Bucerius Innovation Day auf ihre Kolleg:innen aus den vorherigen Open Innovation Labs zu treffen, um einmal jährlich ein rechtsmarktrelevantes Zukunftsthema gründlich zu vertiefen.

 

Das Bucerius Open Innovation Lab (OIL)  ist eine gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsplattform für Rechtsabteilungen, Kanzleien und Technologieanbieter. Das gewonnene Know-how der Open Innovation Labs wird genutzt, um Erkenntnisse für die Zukunft des Rechtsberatungsmarktes zu erhalten und die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmenden markt- und zukunftsgerecht zu gestalten. Weitere Informationen rund um das OIL finden Sie hier.

 

 

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