In der Epoche zwischen etwa 1880 und 1930 durchliefen die Humanwissenschaften einen tiefgreifenden Wandel, der international zu beobachten ist. Dieser umwälzende Umorientierungsprozess lässt sich unter anderem auf die Industrialisierung und die Entstehung der modernen Massengesellschaft seit etwa 1860 zurückführen. Das für diese Epoche im Ganzen bekannte, unter Zivilrechtlern teils beklagte Auseinanderdriften von der Wissenschaft des geltendes Rechts einerseits und jener der Rechtsgeschichte andererseits hierbei wird jedoch häufig mit einem Verweis auf das deutsche Kodifikationsgeschehen um 1900 erklärt: Die historische Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts habe ihre Zulieferfunktion für die Rechtspraxis verloren, sei gewissermaßen entbehrlich geworden.
Die Studie nimmt an, dass sich das Geschehen mittels dieses für sich unbestrittenen, doch einlinigen Funktionszusammenhangs nicht hinreichend verstehen lässt. Stattdessen öffnet ein breiterer Ansatz einen umfassenderen Blick, legt die Veränderungen als spezifische Niederschläge der damaligen Krisenepoche frei, und die wissenschaftsgeschichtliche Entwicklung insbesondere der Zwischenkriegszeit stellt sich tatsächlich als eine erstaunlich breite, fast bunte methodologische Modernisierung der rechtsgeschichtlichen Wissenschaft dar. Der Aufbruch dieser Jahre wird in Liebrechts Arbeit in seiner Tiefendimension nachgezeichnet, und die Strukturen des sich dabei verschiebenden methodologischen und thematischen Feldes der Disziplin werden analysiert.
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