Ronen Steinke
Steinke ist Alumnus der Bucerius Law School (Jahrgang 2003) und schrieb eine vielfach gelobte Dissertation über die politische Funktion von Kriegsverbrechertribunalen seit 1945. Derzeit arbeitet er als innenpolitischer Korrespondent, Redakteur und Autor bei der Süddeutschen Zeitung. Prof. Dr. Felix Hanschmann lud Steinke ein, um gemeinsam mit Professor Dr. Karsten Gaede und Professor Dr. Paul Krell über sein neustes Buch „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich“ zu diskutieren. Steinke erkennt dabei eine faktische Ungleichbehandlung in der strafrechtlichen Verfolgung von Armen und Reichen.
Der neue Schuldturm
Steinke las aus dem Kapitel „Gefängnis: der neue Schuldturm“. Darin beschreibt er, illustriert durch einzelne Schicksale, wie arme Menschen durch Ersatzfreiheitsstrafen ins Gefängnis gelangen. Können sie ihre Geldstrafe weder zahlen und noch abarbeiten, kommen sie in Haft. Er berichtet aber auch von Menschen, denen die Freiheitsstrafe als Zuflucht von ihrem Leben auf der Straße dient und Menschen, die einen Strafbefehl bekommen, weil sie in ihrer Demenz Briefe unbeantwortet lassen und auf Mahnungen nicht reagieren. Für Steinke ist all dies Ausdruck eines strukturellen Problems.
Was tun?
Die Lesung im Helmut Schmidt Auditorium regte Studierende der Bucerius Law School und zahlreiche andere Teilnehmende an, gemeinsam mit den Diskutanten über Interventionsmöglichkeiten nachzudenken. Nach Steinke sei insbesondere die Rechtswissenschaft zur kritischen Reflexion des Rechts angehalten. Sie könne Anreize setzen, um Missstände zu beseitigen. Die Legislative könne dagegen durch Reformierung des Strafrechts entlang der Erkenntnisse über Ungerechtigkeiten dazu beitragen, Personen in prekären Lebensverhältnissen Hilfe zu leisten, anstatt sie immer weiter in finanzielle Not fallen zu lassen. Nach Krell und Gaede werde in derartigen Fällen gerade auch die Frage nach den Strafzwecken virulent.
Der Dieter Hubertus Pawlik Stiftungslehrstuhl Kritik des Rechts bedankt sich herzlich bei allen Teilnehmenden und den Gästen für die angeregte Diskussion über kritische Potenziale der Rechtspraxis und -wissenschaft!