Am 13. November 2024 wechselte der Poetry Slam-Organisator, Filmemacher, Podcaster, Autor und Gastgeber der NDR-Talksendung Käpt’ns Dinner Michel Abdollahi die Seite und stellte sich im Rahmen der Studium generale-Reihe „Was ich schon immer einmal sagen wollte“ mit Michael Göring selbst zahlreichen Fragen zu seinem persönlichen und beruflichen Lebensweg.
Schon mit dem ersten Satz des Abends war dem Publikum klar, dass Abdollahi nicht nur ein Profi darin ist, Fragen zu stellen, sondern auch darin, sie zu beantworten: Auf die Frage „Wie geht es dir, Michel?“ antwortete er, ohne mit der Wimper zu zucken, er habe die Islamische Revolution und den Golfkrieg miterlebt, er werde auch Trump und Merz überleben und brachte damit das Publikum direkt zum Lachen.
Zur aktuellen Lage
Zunächst widmete sich Michael Göring den aktuellen Geschehnissen in der Welt: Zur Präsidentschaftswahl in den USA befragt, stellte Michel Abdollahi klar: Er fürchte sich nicht vor Trump, sondern vor denjenigen Wählern, die in Trump eine Führerperson gefunden haben, denn diese Menschen würden Wut, Hass und Chauvinismus vertreten – alles Werte, die er nicht teile. Sorge bereite ihm auch die zunehmende Intoleranz vieler Menschen. Zum Krieg in der Ukraine befragt führte Abdollahi aus, dass, wenn er Bundeskanzler wäre, er statt auf die Wehrpflicht auf die Förderung von Kunst und Kultur setzen würde. Er sei ein Verfechter der europäischen Idee.
Ein erfolgreicher Optimist
Sein mutiger Optimismus kommt nicht von irgendwo: Als seine Familie aus dem Iran nach Deutschland kam, hatte er in den ersten Jahren aufgrund fehlender Sprachkenntnisse Schwierigkeiten, mit Mitschüler:innen zu kommunizieren. Als Jugendlicher erlebte er oft Vorbehalte aufgrund seiner iranischen Wurzeln, gerade auch wenn es um seine beruflichen Zukunftspläne ging. Dabei erfuhr er oft Ablehnung. Stabilität gaben ihm aber immer seine Eltern und Freunde. Auf Wunsch seiner Mutter entschied er sich zunächst für das Jura-Studium in Hamburg, das er erfolgreich mit dem ersten Staatsexamen abschloss, studierte anschließend noch Islamwissenschaften und machte einen beruflichen Abstecher in die Hamburger Senatskanzlei. Seine Liebe zu Kunst und Sprache führte ihn dann aber an einen anderen Ort: mit sehr viel Ausdauer entwickelte er eines der erfolgreichsten Poetry Slam-Formate Deutschlands, was Verlage und Fernsehsender auf ihn aufmerksam machte. In den Folgejahren erreichte er als Moderator, Autor und Filmemacher immer größere Popularität. Ein Ausschnitt aus seiner Reportage „Im Nazidorf“ (2015) gab dem Publikum eine Idee davon, wie Abdollahi es schafft, auch mit Menschen, die extreme politische Positionen vertreten und leben, ins Gespräch zu kommen. Mittlerweile habe er das Gefühl, dass es aktuell wieder erforderlich sei, den Menschen in Deutschland zu zeigen, wie Neo-Nazis ticken, und stellte einen zweiten Teil der Reportage in Aussicht. Derzeit arbeitet er an seinem zweiten Buch und betreibt das erfolgreiche Comedy-Theater Centralkomitee am Hamburger Steindamm.
Man of many talents
Auf die Frage, welche Tätigkeiten Michel Abdollahi seine bevorzugten seien, fiel dem “man of many talents”, wie ihn Göring nannte, schwer. Für ihn gehöre alles zusammen: Er ändere nur das Medium, um möglichst viele und verschiedene Menschen zu erreichen; er selbst sei immer derselbe.
Zum Abschluss stellte Göring seinem Gast noch ein paar kurze Fragen, die Abdollahi, wie seine Gäste beim Käpt’ns Dinner, möglichst kurz beantworten sollte. Erfolg? Lasse ihn weitermachen. Eitelkeit? Habe er abgelegt. Seine Empfehlung an die anwesenden Studenten? Habt keine Angst, ob vor Fehlern, dem Scheitern oder der Zukunft!
Nach einem unterhaltsamen und kurzweiligen Gespräch zwischen Michel Abdollahi und Michael Göring blieb auch Zeit für Fragen aus dem Publikum. Bei Brezeln und Wein wurde anschließend in der Süd-Lounge der Bucerius Law School noch lange weiterdiskutiert: Michel Abdollahi stellte sich den Fragen der anwesenden Student: innen und weiteren Gästen und trat in einen offenen Austausch.