Am 2. April 2025 war es wieder so weit: Der Deutsche Arbeitsgerichtsverband e.V. und der Hamburger Verein für Arbeitsrecht e.V. luden gemeinsam zur Ortstagung Hamburg in das Auditorium der Bucerius Law School.
Nach einer Begrüßung durch Prof. Dr. Matthias Jacobs (Bucerius Law School, Vizepräsident des Deutschen Arbeitsgerichtsverbands e.V.) und einem Grußwort von Birgit Voßkühler (Präsidentin des LAG Hamburg und des Hamburgischen Verfassungsgerichts) begann die Fachveranstaltung mit hochaktuellen arbeitsrechtlichen Themen.
Die Reform der Videoverhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren
Den Auftakt machte Dr. Johannes Bader (Vorsitzender Richter am LAG Baden-Württemberg) mit seinem Vortrag zur Reform der Videoverhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Dabei stand die Anwendungspraxis im Vordergrund. Mittlerweile sei die Videoverhandlung fester Bestandteil des prozessualen Instrumentenkastens, nichtsdestotrotz erfordere die praktische Umsetzung weiterhin Verbesserungen. Standardisierte technische Ausrüstung, vor allem angesichts der rechtlichen Anforderungen an Hard- und Software, sowie eine gesteigerte Digitalkompetenz der Richter seien essenziell, um die Videoverhandlung effizient und rechtssicher zu gestalten. Ein völliger Ersatz der Präsenzverhandlung sei in der Arbeitsgerichtsbarkeit aber nicht absehbar, da die persönliche Interaktion und unmittelbare Wahrnehmung der Parteien weiterhin eine zentrale Rolle spielen.
Rechtspsychologische Erkenntnisse zu Videoverhandlungen
Passend dazu beleuchte Privatdozentin Dr. Susanne Schmittat (Johannes Kepler Universität Linz) in ihrem anschließenden Vortrag die rechtspsychologische Perspektive auf Videoverhandlungen. Anhand von Praxisbeispielen und Forschungsergebnissen zeigte sie auf, wie die Videotechnologie die gerichtliche Kommunikation beeinflusst. Während Videoverhandlungen durchaus Vorteile böten, gingen sie auch mit – aus psychologischer Sicht lösbaren – Herausforderungen einher. Entscheidend sei die Schaffung klarer Richtlinien, um Chancengleichheit zu gewährleisten – etwa durch einheitliche technische Standards und die Vermeidung struktureller Ungleichheit durch unterschiedliche Teilnahmeformen.
Tarifautonomie und Gleichbehandlung
Privatdozent Dr. Stefan Witschen (Universität zu Köln) widmete sich anschließend der Thematik der Tarifautonomie und Gleichbehandlung. Zentraler Punkt des Vortrags war die Besprechung eines aktuellen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Tarifautonomie im Kontext von tarifvertraglichen Nachtarbeitszuschlägen. Kritisch wurde sich damit auseinandergesetzt, ob die Tarifvertragsparteien ein Gleichbehandlungsgebot treffe und wenn ja, welche Anforderungen an die Begründung einer Ungleichbehandlung zu stellen sei. Letztlich sollten sich die Arbeitsgerichte bei der Kontrolle von Tarifverträgen zurückhalten.
Arbeitsrechtliche Wünsche an den neuen Gesetzgeber
Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion zu dem Thema „Nach der Bundestagswahl: Arbeitsrechtliche Wünsche an den neuen Gesetzgeber“. Unter der Moderation von Dr. Lena Dührsen, LL.B. (Richterin am ArbG Hamburg), diskutierten Michael Thomas Fröhlich (Hauptgeschäftsführer UV Nord), Tino Junghans (Regionalleiter DGB Rechtsschutz GmbH) und Sophia Kielhorn (Betriebsratsvorsitzende Airbus Hamburg) über notwendige Reformen im Arbeitsrecht. Die Diskussion bot spannende Einblicke in unterschiedliche Perspektiven von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite und zeigte dringende Handlungsfelder für die zukünftige Gesetzgebung auf. Konsens bestand bei den Diskussionsteilnehmern über die grundsätzliche Notwendigkeit einer stärkeren Digitalisierung, beispielsweise bei Betriebsversammlungen und Betriebsratswahlen, auch wenn die genaue Umsetzung noch Fragen aufwerfe. Uneinigkeit bestand hingegen bei einer möglichen Anpassung des Arbeitszeitgesetzes an neue Entwicklungen, insbesondere im Hinblick auf Homeoffice und flexible Arbeitszeiten. Auch die entsprechenden Aufzeichnungspflichten und deren Auswirkungen waren ein zentraler Streitpunkt.
Zum Ausklang der Veranstaltung trafen sich die Teilnehmer wie üblich zu geselligem Beisammensein bei Brezeln und Wein, um die Gespräche in entspannter Atmosphäre fortzuführen.