Podiumsdiskussion mit dem Autor Dr. Ronen Steinke

"Verfassungschutz: Wie der Geheimdienst Politik macht".

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Im bis auf den letzten Platz gefüllten Heinz Nixdorf-Hörsaal startete das Studium generale der Bucerius Law School am 4. Oktober 2023 ins Herbsttrimester. Eine spannende Podiumsdiskussion zum Thema „Verfassungsschutz: Wie der Geheimdienst Politik macht“ mit Dr. Ronen Steinke, dem Autor des gleichnamigen Buches, zog viele Studierende und Hamburger:innen auf den Campus.

Dr. Ronen Steinke ist Journalist, Bestsellerautor und promovierter Jurist. Er beschäftigt sich seit Jahren mit Rechtsextremismus, Antisemitismus und dem Justizwesen in Deutschland. Dr. Steinke hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

In seinem neuesten Buch „Verfassungsschutz: Wie der Geheimdienst Politik macht“, das im Juli 2023 erschienen ist, untersuchte er die Arbeit des Verfassungsschutzes. Dafür interviewte er unter anderem Agent:innen und Spionagechefs, um den Geheimdienst zu durchleuchten. Steinke zeigt auf, wie geheime Informant:innen, sogenannte V-Leute, vorgehen. Dabei geht er der grundlegenden Fragestellung nach, ob der deutsche Geheimdienst die Demokratie schützt oder schädigt.

Die Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Michael Grünberger, dem neuen Präsidenten der Bucerius Law School, eröffnet. Anschließend las Dr. Ronen Steinke spannende Passagen aus seinem Buch vor, die Stoff für die anschließende Podiumsdiskussion lieferten. Diese wurde moderiert von Mira Schlüter, Promotionsstudentin, Alumna der Bucerius Law School und Referentin des Vorstandsvorsitzenden der ZEIT-Stiftung sowie Christopher Paskowski, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bucerius Law School am Dieter Hubertus Pawlik Stiftungslehrstuhl Kritik des Rechts bei Professor Dr. Felix Hanschmann.

Im Laufe der Podiumsdiskussion erhielt das Publikum Einblicke in die Aufgaben des Verfassungsschutzes, seine Einflussnahme auf Politik und Demokratie und die damit verbundene Kritik sowie mögliche Alternativen zur derzeitigen Form und Arbeitsweise.

 

Was macht der Verfassungsschutz?

Dr. Ronen Steinke erläuterte zunächst, wie der Verfassungsschutz arbeitet und was seine Aufgaben seien. Der Verfassungsschutz ist ein Geheimdienst, der parallel zur Polizei agiert, jedoch keine bewaffnete Gewalt ausübt. Stattdessen sammelt er umfangreiche Informationen und teilt Erkenntnisse und Entdeckungen der Regierung mit. Dadurch spielt er eine wichtige Rolle bei der Identifizierung von verfassungsgefährdenden Gruppen und der Aufklärung der Bevölkerung über vermeintliche Gefahren.

 

Kritik am Verfassungsschutz

Obwohl der Verfassungsschutz zweifellos eine wichtige Rolle bei der Sicherheit des Landes spiele, steht er auch in der Kritik: Ein Hauptpunkt bestehe nach Ronen Steinke darin, dass er trotz der bestehenden Kontrollgremien keine klaren Leitplanken habe. Der Verfassungsschutz würde oft als eine Art „geheime Hilfspolizei“ betrachtet. Um Informationen zu sammeln, schleuse er seine V-Leute in verschiedene Gruppen ein und nehme dabei erheblichen Einfluss. Wenn der Verfassungsschutz Personen abhöre oder anderweitig eingreife, könne dies unter Umständen eine erhebliche Einschränkung der Rechte der Betroffenen bedeuten. Als Beispiel für politische Einflussnahme nannte Ronen Steinke die Einstufung des Politikers Bodo Ramelow als linksradikal durch den Verfassungsschutz. Dieser Vorfall verdeutliche, dass der Verfassungsschutz in der Lage sei, in das Leben von Bürger:innen einzugreifen und individuelle Laufbahnen zu behindern.

 

Wie macht der Geheimdienst Politik?

Der Einfluss des Verfassungsschutzes auf die Politik und die Demokratie sollte laut Dr. Steinke genau hinterfragt werden. Braucht es den Verfassungsschutz in seiner aktuellen Form? Gäbe es bessere Wege, die Sicherheit Deutschlands zu gewährleisten, ohne die Grundrechte der Bürger:innen zu gefährden?

 

Was braucht es wirklich?

Dr. Ronen Steinke betonte, dass der Verfassungsschutz nicht dazu da sei, politische Kräfte wie die AfD oder andere verfassungsfeindliche Gruppierungen aus dem politischen Geschehen zu entfernen. Vielmehr läge es an der Zivilgesellschaft, den Bürger:innen, sich für die Demokratie einzusetzen und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Jurist:innen trügen dabei eine besondere Verantwortung in der Gesellschaft, um sicherzustellen, dass die Grundrechte und Freiheiten gewahrt würden.

 

Zukunft des Verfassungsschutzes

Um die Sicherheit unseres Landes zu gewährleisten, brauche es laut Ronen Steinke keinen Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form. Denn durch Spionage gegen legale politische Aktivitäten schädige er der Demokratie. Ebenso unterlaufe der Inlandsgeheimdienst das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, wenn dieser gegen mutmaßlich illegale politische Aktivitäten spioniere. Daher sei es an der Zeit, seine Legitimation und Befugnisse sorgfältig zu überprüfen und die Arbeit in andere Institutionen, beispielsweise unter dem Dach der Polizei, einzugliedern.  Die Gesellschaft sollte laut Meinung des Autors aktiv an diesem Prozess teilnehmen und sicherstellen, dass der Verfassungsschutz in einer Weise agiere, die die Grundprinzipien der deutschen Demokratie respektiere.

Bei der abschließenden Diskussionsrunde kamen engagierte und vielfältige Fragen und Meinungen zu diesem aktuellen Thema auf.

 

Ausklang der Veranstaltung

Die Veranstaltung klang bei Brezeln und Wein in der Süd-Lounge der Bucerius Law School aus. Dabei wurde der neue Ebelin-Wein ausgeschenkt, ein Weißburgunder, den die junge Winzerin Juliane Eller eigens für die Bucerius Law School hergestellt hat. Die Studierenden und externen Gäste nutzten die Chance, um mit Ronen Steinke persönlich ins Gespräch zu kommen und diskutierten lebhaft weiter.

 

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ZSP

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