Schule und Rassismus

Podiumsgespräch im Studium generale im Rahmen des Projekts „Bildung ist Bürgerrecht“

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„Schule gegen Rassismus – Schule mit Courage“ – viele Menschen werden diese Plaketten schon einmal an deutschen Schulen hängen sehen haben. Studien zeigen jedoch, dass die Realität leider anders aussieht: Schüler:innen erleben in deutschen Schulen sowohl Rassismus von ihren Mitschüler:innen als auch von Lehrer:innen. Das wirkt sich negativ auf ihren Bildungserfolg aus und kann bestehende Chancenungleichheiten verstärken. 

Zu diesem Thema hatte das Studium generale gemeinsam mit dem Projekt „Bildung ist Bürgerrecht“ von Prof. Dr. Felix Hanschmann und der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS zu einem Podiumsgespräch am Abend des 23. Januars 2025 eingeladen. 

Im Moot Court der Bucerius Law School trafen Prof. Dr. Karim Fereidooni, Saraya Gomis und Ria Schröder aufeinander. Prof. Dr. Felix Hanschmann moderierte das Gespräch. 

Karim Fereidooni ist Professor für Erziehungswissenschaft an der Ruhr-Universität-Bochum. Seine Forschungsschwerpunkte sind Rassismus und Antisemitismus an deutschen Schulen. Er erzählte im Gespräch von aktuellen Studien, an denen er selbst mitgearbeitet hat. Eine Erkenntnis daraus: Lehrkräfte werden nicht hinreichend dafür ausgebildet, Antisemitismus und Rassismus zu erkennen und damit umzugehen. Fereidooni betonte, dass es ihm nicht darum gehe, einzelne Lehrkräfte an den Pranger zu stellen. Vielmehr müsste das Ausbildungsrecht für Lehrer:innen in den Bundesländern geändert werden, um den Umgang mit Menschenfeindlichkeit in der Ausbildung zu verankern und Lehrkräfte dadurch zu entlasten.

Dieser Forderung konnte sich auch Saraya Gomis anschließen. Sie war jahrelang Antidiskriminierungsbeauftragte für die Berliner Schulen gewesen und zuletzt Staatsministerin für Antidiskriminierung im Land Berlin. Gomis schilderte sehr lebhaft aus ihrer Erfahrung. Sie betonte, dass Schulen eine bessere Fehlerkultur im Umgang mit Diskriminierung etablieren müssten. Dazu sollte das Thema weniger moralisch aufgeladen, sondern von Lehrkräften professionell behandelt werden. Zudem erklärte Gomis, dass Diskriminierung nicht das Problem von Einzelpersonen sei, sondern auch historisch und strukturell in Schulen verankert ist – beispielsweise durch das dreigliedrige Schulsystem. 

Ria Schröder brachte als FDP-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Bildungsausschusses des Bundestages eine politische Perspektive in das Gespräch ein. Sie sagte, dass Schulen die Orte in unserer Gesellschaft seien, die Chancenungleichheit abschaffen sollen – rassistische Diskriminierung sei hier deshalb umso schlimmer. Als Bundespolitikerin hat Schröder zwar nur begrenzten Einfluss auf die Bildungspolitik der Bundesländer. Dennoch benannte sie das vom Bund gestartete Startchancen-Programm als ein wichtiges Instrument, um Diskriminierungen entgegenzuwirken. Im Rahmen des Programms wird gezielt mehr Geld in Schulen investiert, die in besonders struktur- und einkommensschwachen Gebieten liegen.

Insgesamt herrschte auf dem Podium große Einigkeit, dass Rassismus an deutschen Schulen ein Problem ist. Dennoch wurde das Gespräch nicht langweilig, weil alle Beteiligten sehr unterschiedliche Perspektiven und ein großes Fachwissen einbrachten. 

Die Relevanz des Themas spiegelte sich auch im Publikum wider: Wohl zum ersten Mal besuchte eine ganze Schulklasse eine Veranstaltung des Studium generale. Dazu kamen Engagierte aus zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Parteien, die auch kritische Nachfragen an die Podiumsgäste stellten. 

Nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung ging das Gespräch wie immer bei Brezeln und Wein weiter. Die Inhalte werden alle Teilnehmenden sicher noch lange über den Abend hinaus beschäftigen.

Text

Marta Ahmedov

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