Am 5. Dezember 2014 fand im Auditorium der Bucerius Law School die 4. WisteV-Herbsttagung zum Thema „Fluch oder Segen? Einstellung gegen Auflagen und Weisungen in Wirtschaftsstrafsachen“ mit rund 190 Gästen aus Anwaltschaft und Justiz statt. Organisiert und moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Karsten Gaede, Bucerius Law School, und RA FAStrafR Jes Meyer-Lohkamp, Hamburg. Die Möglichkeit, Strafverfahren gemäß § 153a StPO gegen die Erfüllung von Auflagen und Weisungen einzustellen, hat jüngst vor allem durch die Einstellung des Verfahrens gegen Formel-1-Geschäftsführer Bernard „Bernie“ Ecclestone gegen eine Zahlung i.H.v. 100 Millionen US-Dollar große öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Kritisiert wird § 153a StPO vor allem unter dem Aspekt, dass die Vorschrift vermögende Beschuldigte privilegiere und dabei in Konflikt zum staatlichen Strafanspruch und der materiellen Gerechtigkeit als Ziel des Strafverfahrens gerate.
Das Eingangsreferat hielt Herr RA Dr. Sven Thomas, Düsseldorf, der Ecclestone verteidigte. Er wies zugunsten der Einstellung nach § 153a StPO auf die persönlichen und beruflichen Nachteile für den Beschuldigten hin, die mit oft langen und aufwendigen Wirtschaftsstrafverfahren verbunden seien. Der Hamburger Generalstaatsanwalt Lutz von Selle wägte die positiven und negativen Effekte von § 153a StPO in seinem Referat ab. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass die grundlegenden Bedenken gegen die Einstellungsvorschrift nicht durch eine etwaige Entlastung der Gerichte kompensiert werden könne. RD Dr. Karsten Webel, Hamburg, beleuchtete die Bedeutung von § 153a StPO im Steuerstrafverfahren. Er verglich die Einstellungsvorschrift mit den Wirkungen der tatsächlichen Verständigung im Besteuerungsverfahren. RA Professor Dr. Werner Beulke, Passau, wies schließlich auf die seit Jahren gleichbleibenden Einstellungsquoten hin. Seiner Ansicht nach sei § 153a StPO ein unverzichtbares Instrument des Strafprozessrechts, zu dem kein grundlegender Reformbedarf bestehe.
Alle Vorträge wurden im Plenum lebhaft diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass das Meinungsbild zu § 153a StPO in Wissenschaft und Justiz weit über den Einzelfall Ecclestone hinaus kontrovers bleibt. Eine völlige Aufgabe der Einstellungsoptionen nach Art des § 153a StPO befürwortete jedoch letztlich niemand.