Von dem Krankheitsbild eines Autisten hat jeder ein ungefähres Bild. Doch wieviel ist dran an der landläufigen Vorstellung des sozial nicht besonders kompetenten, meist aber hochintelligenten, autistischen Menschen?
Der kürzlich gegründete „Rational Think Tank“ der Bucerius Law School hat es sich in seiner ersten Veranstaltung in Kooperation mit dem Studium professionale zur Aufgabe gemacht, den interessierten Studierenden der Universität Hamburg und der Bucerius Law School einen Bericht aus erster Hand zu präsentieren. Als Auftakt der Vortragsreihe „Wahrnehmung, Wahrnehmungsverzerrung und -korrektur“ lud der Rational Think Tank am 17.10. Julian ein. Julian ist 24 Jahre alt und „unter anderem“ Autist.
Den Auftakt der Veranstaltung bildete Frau Dr. Hanna Krause, Psychologin am UKE in Hamburg. Sie gab eine medizinisch-psychologische Einführung, in der sie neben Symptomen und Möglichkeiten der Diagnostik von Autismus insbesondere auch auf die kognitiven Kapazitäten der betroffenen Menschen hinwies. Anschließend erzählte Julian den anwesenden Studierenden aus seinem Leben mit der Krankheit.
Seine Motivation für die regelmäßig gehaltenen Vorträge sei neben den vielen Reisen insbesondere die Möglichkeit, Menschen ohne Erfahrung mit Autismus die Krankheit selbst näher zu bringen und sie im Umgang mit Autist/innen zu sensibilisieren. Er unterteilt seinen Lebenslauf in die Zeit vor und nach seiner Diagnose, von der er im Alter von 18 Jahren erfuhr.
Julian kam schnell zum Kernbereich seines Vortrags: Die Beschreibung seiner Wahrnehmung und seine Strategie zur Bewältigung sozialer Interaktion. Neben dem Nicht-Vorhandensein eines Reizfilters, der bei Menschen ohne Autismus bewirkt, dass sie als unwichtig empfundene Reize nicht verarbeiten, habe er vor allem ein erhöhtes Bedürfnis für Struktur in seinem Alltagsleben sowie eine andere Körperwahrnehmung als Menschen ohne Autismus.
Um Autisten die soziale Interaktion zu vereinfachen, könnten Nicht-Autisten gewisse Vorkehrungen treffen. Diese reichten von der Vermeidung von Ironie und Sarkasmus im Gespräch bis zur Zusendung von Fotos vom Ort des Treffens vorab, um der Person die Gewöhnung an diesen Ort zu ermöglichen.