Das Thema "kollektive Rechtsdurchsetzung" gewinnt stetig an Bedeutung, nicht nur infolge des jüngst verabschiedeten Gesetzes zur Musterfeststellungsklage im Bundestag, sondern auch wegen einer zunehmenden Anzahl entsprechender Fälle vor deutschen Gerichten. Hierzu veranstaltete das Institut für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht (IUKR) am 28. Juni 2018 einen Vortragsabend. Es referierte Dr. Thomas B. Paul, Partner bei Hengeler Mueller, der aktuell in Kartellfällen mehrere sammelklageartige Auseinandersetzungen vor deutschen und europäischen Gerichten führt. Dr. Claudia Alfons, die als zuständige Referentin beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Musterfeststellungsklage mitgearbeitet hat, ergänzte den Vortrag anschließend um die Perspektive des Gesetzgebers.
Paul begann seinen Vortrag mit einem Überblick über den status quo der kollektiven Rechtsdurchsetzung vor deutschen Gerichten: Neben den gesetzlich normierten Modellen, dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz-Verfahren und den Verbandsklagen nach Unterlassungsklagengesetz, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, stellte er auch die von der Praxis entwickelten Vorgehensweisen der massenhaften Parallelvertretung und der Bündelung in einem Klagevehikel durch Abtretung vor. Es folgten ein Überblick über das neue Musterfeststellungsverfahren sowie ein Ausblick auf die noch deutlich weitergehenden Pläne der Europäischen Kommission unter dem Schlagwort "New Deal for Consumers". Der Referent schloss mit einer rechtspraktischen und rechtspolitischen Einordnung der neuen Musterfeststellungsklage. Dabei bewertete er die Wahl einer Feststellungsklage zur kollektiven Rechtsdurchsetzung positiv und warnte vor der Einführung einer entsprechenden Leistungsklage, wie es die Europäische Kommission beabsichtigt.
Auf die von Paul aufgeworfenen offenen Fragen, die das Gesetz zur Musterfeststellungsklage noch lasse, antwortete daraufhin Alfons. Sie gab interessante Einblicke in den Gesetzgebungsprozess und trug Gründe dafür vor, weshalb sich das Gesetz in eine bestimmte Richtung entwickelt habe. Daraus entwickelte sich eine lebhafte Diskussion mit der Zuhörerschaft, in der es insbesondere um die zu erwartende Entwicklung der Praxis unter dem neuen Gesetz zur Musterfeststellungsklage ging. Der Abend endete mit dem traditionellen informellen Austausch bei Brezeln und Wein.