Zur Auftaktveranstaltung im neuen Trimester durfte der Wirtschaftsstrafrechtliche Gesprächskreis den Hamburger Justizsenator Dr. Till Steffen begrüßen. In einem „Werkstattgespräch“ stellte dieser dar, welche wirtschaftsstrafrechtlichen Themen die Politik zurzeit bewegen. Vor allem aber wollte er Anregungen und Ideen aus Wissenschaft und Praxis sammeln, wie das deutsche Wirtschaftsstrafrecht praxistauglich reformiert und weiterentwickelt werden kann.
In seinem Vortrag warf der Senator Themen aus unterschiedlichsten Bereichen des Strafrechts auf, die die ihn in seiner politischen Arbeit momentan bewegen. So stellte er den Plan vor, zur effektiveren Bekämpfung von Preisabsprachen im Kartellrecht (weitere) strafrechtliche Sanktionen zu schaffen. Eher kritisch sah Steffen die Einführung eines Unternehmensstrafrechts: Wichtiger sei es, konkrete Verhaltens- und Organisationspflichten für Unternehmen zu schaffen. Gleichzeitig gelte es, den Schutz von Whistleblowern zu verbessern. Zur geplanten Reform der Vermögensabschöpfung äußerte sich der Justizsenator positiv.
Den Hauptteil des Abends machte jedoch die Diskussion mit den vor allem anwesenden Praktikern und Wissenschaftlern aus. Dabei kamen bereits sehr konkrete, aber auch gegenläufige Reformvorschläge zur Sprache. Ein zentraler Aspekt war die Herausforderung, die komplexe wirtschaftsstrafrechtliche Verfahren für die Justiz etwa im Hinblick auf die vorgeschriebene Schöffenbeteiligung darstellen. Neben einer möglichen Veränderung der Gerichtsverfassung in Wirtschaftsstrafsachen und der Öffnung der Justiz für wirtschaftlich erfahrene Quereinsteiger wurde unter anderem kontrovers diskutiert, ob eine vermehrte Vermögensabschöpfung beim Täter nicht auch einen Beitrag zur Finanzierung der Justiz leisten könnte. Zum Ausbau des bislang auf § 298 StGB beschränkten Kartellstrafrechts wiesen die Diskutanten vornehmlich auf die prozessualen Umsetzungsprobleme und auf insoweit bestehende Bedürfnisse hin.
Dr. Steffen zeigte sich am Ende sehr zufrieden mit der Vielzahl an Anregungen, die er für weitere Reformvorhaben und für die aktuell diskutierten Pläne in der Bucerius Law School mitnehmen konnte.