Berufsrechtstagung zur Verschwiegenheitspflicht

Prof. Kämmerer nahm an der Berufsrechtstagung 2021 des DWS teil und hielt einen Vortrag zur „Verschwiegenheit von Steuerberatern als grundrechtlich geschütztes Gut“.

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Das Deutsche Wissenschaftliche Institut der Steuerberater e.V. veranstaltete am 03. November 2021 seine alljährliche Berufsrechtstagung in Berlin. In diesem Jahr beschäftigten sich die Mitglieder des Instituts mit der „Bedeutung und Gefährdung der beruflichen Verschwiegenheitspflicht“. Als Mitglied des Arbeitskreises „Berufsrechts“ des Instituts hielt Prof. Dr. Jörn Axel Kämmerer einen Vortrag mit dem Titel „Verschwiegenheit von Steuerberatern als grundrechtlich geschütztes Gut“. 

Anknüpfend an die Erkenntnis, dass gerade das Recht zur Verschwiegenheit von Steuerberater:innen durch die Normierung von Berichtspflichten durch die OECD und EU im Zeichen der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung eingeschränkt wird, erörtert er, ob von der Verschwiegenheit der Steuerberater:innen am Ende noch so viel übrig bleibt, dass die für Deutschland geltenden Geldwäscheregeln noch grundrechtskonform sind.

Grundrechtlicher Maßstab

Nachdem Prof. Kämmerer auf die einschlägigen europäischen Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung und deren deutsche Umsetzung einging, wandte er sich der grundrechtlichen Bewertung zu. Er betrachtete hier vor allem die Regelung des § 43 GwG, welcher für verschiedene Fälle Meldepflichten von Steuerberater:innen normiert. Dabei beantwortete er die Frage, ob die Regelungen am Maßstab der deutschen Grundrechte oder der Unionsgrundrechte zu messen sind, differenziert.

Die betroffene Grundrechtskonstellation beschrieb er als „grundrechtlichen Vertrauensraum“ zwischen Steuerberater:innen und Mandant:innen, bestehend aus der Berufsfreiheit beider, welche das Recht zur Verschwiegenheit umfasst, sowie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dem Recht auf ein faires Verfahren, die allgemeine Handlungsfreiheit und Eigentumsrechte der Mandantschaft. Hierbei wirken die Grundrechte der Mandantschaft schutzbereichsverstärkend und -modifizierend auf die Grundrechte der Steuerberater:innen.

Verfassungsmäßigkeit der Regelungen

Der Schutzbereich der Berufsfreiheit mit der Verschwiegenheit als Wesensmerkmal des steuerberatenden Berufs ist eröffnet und mit den Berichtspflichten zur Geldwäschebekämpfung liegt ein Eingriff in diesen Schutzbereich vor. Bei der Rechtfertigung ist zu berücksichtigen, dass an der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus ein starkes und grundrechtlich unterlegtes Gemeinwohlinteresse besteht. Trotzdem sind die teils starken Beeinträchtigungen des Verschwiegenheitsrechts in der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu klären.

Rein betriebswirtschaftliche Tätigkeiten der Steuerberater:innen sind im Gegensatz zu rechtsberatenden Tätigkeiten von der Verschwiegenheitsprivilegierung ausgeschlossen (§ 43 Abs. 2 S. 1 GwG). Da sich diese Tätigkeitsbereiche aber nicht sinnvoll voneinander trennen lassen, läuft die Privilegierung der Rechtsberatung leer. Nur bei einer engen und bestandserhaltenden Interpretation, welche das Privileg auf betriebswirtschaftliche Tätigkeiten, die Voraussetzung für Steuerrechtsberatung sind oder für die Steuerrechtsberatung Voraussetzung ist, erstreckt, kann noch von einer verhältnismäßigen Regelung gesprochen werden.

Bedenken bestehen zudem bei Mitteilungspflichten für legales Handeln wie grenzüberschreitender Steuergestaltung, in welchem Fall besonders hohe Hürden für die Verhältnismäßigkeit bestehen.

Fazit

Prof. Kämmerer schloss mit der Bemerkung, dass der Staat zunächst Präventions- und Vollzugsdefizite in der Geldwäsche angehen solle, bevor er die Verschwiegenheit als Grundpfeiler der freien Berufe angreift. Tut er dies doch, benötige er dafür gewichtige Gründe, die über die bloße Sicherung eines „stetig fließenden Stroms der Steuereinkünfte“ hinausgehen müssen.

Text

Marvin Keppler

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