Auch in diesem Studienjahr fand im Rahmen des Studium generale wieder eine Veranstaltung aus der Reihe „On the crime of“ der Amnesty International Hochschulgruppe in Kooperation mit der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte statt. Im Heinz Nixdorf-Hörsaal der Bucerius Law School berichtete dieses Mal der Journalist Stanislav Aseyev aus der Ukraine. Moderiert wurde die Veranstaltung von Marie Kiesel, Henri Heising und Jakob Wiegmann aus dem Studierendenjahrgang 2021. Adanel Ulan aus dem Jahrgang 2022 dolmetschte.
Die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte
Die Stiftung gewährt politisch Verfolgten aus aller Welt, die sich in ihrer Heimat für Demokratie und Freiheit einsetzen, ein Stipendium, um in Hamburg in Sicherheit ihrer Arbeit nachgehen zu können und von ihrer Geschichte und ihrer Heimat zu berichten. Nach einem Jahr kehren die Stipendiat*innen meist in ihr Heimatland zurück, gestärkt durch die Stiftung und die in Deutschland gefundenen Kontakte.
Dieses Jahr: Stanislav Aseyev aus der Ukraine
Der Stipendiat dieses Jahr ist der Journalist Stanislav Aseyev aus der Ukraine. Geboren wurde er 1989 in Donezk. Dort studierte er auch und arbeitete anschließend als Journalist für ukrainische Medien. Im Jahr 2017 verschwand er, erst Wochen später wurde seine Verhaftung vom selbsternannten sogenannten „Staatsministerium für Sicherheit“ wegen „Spionage“ bestätigt. 2018 trat er in den Hungerstreik; mehrere NGOs, unter anderem Amnesty International, forderten daraufhin seine umgehende Freilassung. Er wurde allerdings erst Ende 2019 im Zuge eines Gefangenenaustausches freigelassen.
Berichte aus dem Alltag eines Journalisten im russisch-ukrainischen Konflikt
Stanislav Aseyev berichtete im Interview von seinem Alltag als Journalist vor dem Krieg, von seiner Inhaftierung und der Situation der Menschen in Donezk. Er erzählte beispielsweise, dass es keinen anderen Weg als Journalist*in in der Ukraine gab und gibt, als unter einem Pseudonym zu arbeiten, ansonsten lande man gleich im Gefängnis.
So änderte er mehrmals sein Pseudonym und stellte sich bei seinen Gesprächen immer als russischer Journalist vor. Engste Familienangehörige wussten nicht über seinen Beruf oder Aufenthaltsort Bescheid. Trotz dieser Maßnahmen kam es 2017 zu seiner Verhaftung. Er berichtete, wie seine Mutter sechs Wochen lang nicht wusste, was mit ihm passiert war, sodass sie Krankenhäuser und Friedhöfe nach ihm absuchte.
Inhaftierung in „Isoljazija“
Stanislav Aseyev erzählte von den unmenschlichen Haftbedingungen und der Folter, die ihm als Gefangenem in dem illegalen Gefängnis „Isoljazija“ widerfahren waren; er nannte es ein „modernes Konzentrationslager“. Die Gefangenen wurden beispielsweise 24/7 mit einer Kamera beobachtet, das Zimmerlicht war permanent angeschaltet, jegliche Art von Fortbewegung fand nur mit verbundenen Augen statt. Auch berichtete er von Folter mit u.a. Elektroschocks. Über seine Gefangenschaft hat er ein Buch geschrieben „Heller Weg: Geschichte eines Konzentrationslagers im Donbass 2017 – 2019“, das 2022 auf Deutsch erschienen ist.
Stanislav Aseyev gab einen spannenden und bedrückenden Einblick in seine Erlebnisse der vergangenen Jahre.
Viele Studierende nahmen im Anschluss an sein Interview die Gelegenheit wahr, Fragen zu stellen. Die Amnesty Hochschulgruppe dankte ihm für seine mutige Arbeit und Zeit, davon zu erzählen.