Der mittlerweile 18. Bucerius Common Law Moot, ein auf Englisch durchgeführter Moot Court, wurde von Mai bis Juni vom Foreign Language Communication Programme organisiert.
Common Law Moot
Der Wettbewerb richtet sich an Studierende des ersten und zweiten Studienjahres der Bucerius Law School und ist mittlerweile als eigenständige Lehrveranstaltung im Curriculum des Programms verankert. Beim Moot mitzumachen ist eine großartige Gelegenheit für Studierende, ihre rhetorischen Fähigkeiten und ihr juristisches Schreibvermögen in englischer Sprache auf ein neues Level zu bringen. Und das Beste daran: Sie können auch einen zusätzlichen Leistungspunkt für die Fachspezifische Fremdsprachenprüfung (FFP) erwerben.
Um diesen zusätzlichen Punkt zu erhalten, müssen die Teilnehmer:innen in der ersten Runde zwei Mal plädieren (einmal für die Kläger:innenseite und einmal für die Gegenseite) und zwei sogenannte skeleton argumentseinreichen – Schriftsätze, die die Berufungsgründe sowie die zentralen Argumente der jeweiligen Seite darstellen. Und das Beste daran: Die Studierenden dürfen das geltende Recht recherchieren, analysieren, auf einen komplexen Sachverhalt anwenden und unterschiedliche rechtspolitische Argumente entwickeln, um das Gericht von ihrer Sichtweise zu überzeugen.
Der Fall Oscar Pistorius als Fallproblem
Das diesjährige Fallproblem stammte aus dem Strafrecht und basierte auf dem sensationellen Fall Oscar Pistorius aus dem Jahr 2013. Der gefeierte südafrikanische Olympionike und Paralympionike war damals wegen Mordes angeklagt worden, nachdem er seine Freundin Reeva Steenkamp am Valentinstag erschossen hatte.
Wie im echten Leben kam das Gericht im diesjährigen Moot-Fall nach Anhörung und Würdigung der mündlichen Beweise zu dem Schluss, dass die Staatsanwaltschaft nicht zweifelsfrei nachweisen konnte, dass der Angeklagte seine Freundin vorsätzlich getötet hatte – was für ein aufregender Ausgang! Das Gericht kam zu dem Schluss, dass er fahrlässig gehandelt hatte und verurteilte ihn wegen culpable homicide (fahrlässiger Tötung/Totschlag).
Die zentralen Rechtsfragen, die es zu klären galt, betrafen die Frage, ob der Angeklagte im entscheidenden Moment mit bedingtem Vorsatz (dolus eventualis) oder lediglich fahrlässig handelte. Es gab noch weitere interessante Aspekte, die es zu beleuchten galt: Handelte er in Notwehr (private defence) oder irrtümlich angenommener Notwehr (putative private defence)?
Juristische Feinheiten unter der Lupe
Dieser Moot war eine besonders spannende Herausforderung, da die Kernfragen eine aufregende Mischung aus Tatsachen- und Rechtsfragen boten. Es war ein aufregendes Verfahren vor einem Berufungsgericht, bei dem die Moot-Teilnehmer:innen an die Tatsachenfeststellungen des Ausgangsgerichts gebunden waren. Sie durften sich ausschließlich zu den spannenden Rechtsfragen äußern. Eine besonders interessante Frage war, ob das Berufungsgericht Beweise berücksichtigen darf, die vom Ausgangsgericht offenbar übersehen wurden, aber für die rechtliche Bewertung entscheidend waren.
Alle Richter:innen waren restlos begeistert vom beeindruckenden Niveau der Plädoyers in den Vorrunden. Die Moot-Teilnehmenden begeisterten mit ihrem beeindruckenden Wissen über die relevanten Rechtsgrundlagen und ihrer Fähigkeit, das bereitgestellte Gerichtsaktenbündel – inklusive Fotos und Skizzen – perfekt zu nutzen. Mit ihrer Expertise und ihren fundierten rechtspolitischen Argumenten haben sie alle überzeugt. Egal, ob es um eine Verurteilung wegen Mordes, wegen fahrlässiger Tötung oder einen Freispruch ging – sie haben immer die richtigen Worte gefunden.
Die Ergebnisse der ersten Runde waren im Teamvergleich und bei der individuellen Bewertung so spannend, dass die Richter:innen auf das im Regelwerk vorgesehene Tie-Break-Verfahren zurückgreifen mussten, um zu entscheiden, welche Teams ins Grand Final einziehen.
Das Common-Law-Moot-Team der Bucerius Law School
Und das sind die Finalisten, die es in die nächste Runde geschafft haben: Mit großem Enthusiasmus vertreten Joshua Leydecker (Senior Counsel) und Per Ahmerkamp (Junior Counsel) die Berufungsklägerseite.Milan Kohlhaase (Senior Counsel) und Leonardo Giulini (Junior Counsel) sind die Vertreter der Berufungsgegnerseite und werden mit ihrer Expertise begeistern.
Die Finalrunde wurde von einem dreiköpfigen Richtergremium entschieden, das aus Lezel Roddeck, der Leiterin des Programms für Foreign Language Communication, James Linscott, Dozent für Anglo-amerikanisches Recht im Programm, und Professorin Marah McLeod, Gastwissenschaftlerin von der Notre Dame Law School (USA), bestand. Professorin McLeod ist eine Expertin auf dem Gebiet des Strafrechts und hat den anderen Richter:innen und Finalist:innen mit ihrer langjährigen Erfahrung in der Strafverteidigung wirklich wertvolle Einblicke geboten.
Ein fulminantes Finale auf höchstem Niveau
Die Moot-Beiträge im Grand Final waren einfach sensationell. Alle vier Finalist:innen glänzten mit ihrer beeindruckenden Sachkenntnis, ihrem rhetorischen Geschick und ihrer großen Souveränität gegenüber den zum Teil sehr kritischen Fragen der Richter:innen. Mit ihrer Eloquenz und ihrem Selbstbewusstsein setzten sie sich für die Interessen ihrer Mandant:innen ein.
Die Entscheidung über die Sieger war denkbar knapp und für die Jury keine leichte Aufgabe. Nach einer spannenden und aufregenden Partie gelang es Joshua Leydecker und Per Ahmerkamp, sich gegen die starken Kontrahenten Milan Kohlhaase und Leonardo Giulini durchzusetzen.
Die Gewinner freuten sich über den Bucerius Common Law Moot-Wanderpokal, auf dem ihre Namen eingraviert werden, und ein Preisgeld in Höhe von 200 Euro. Und auch das Team auf dem zweiten Platz ging nicht leer aus, sondern konnte sich über ein Preisgeld in Höhe von 100 Euro sowie einen Sonderpreis für die besten Skeleton-Argumente der Vorrunde freuen.
Wir freuen uns sehr, dass unsere Teilnehmerin Luzi Hillert als beste Rednerin der Vorrunde ausgezeichnet wurde. Und das Beste daran: Alle weiteren Teilnehmer:innen erhielten eine Teilnahmeurkunde als Anerkennung für ihr Engagement und ihren Einsatz in den letzten Wochen.
Wir vom Programm für Fremdsprachige Kommunikation sind begeistert von Ihrer Teilnahme und Ihrem Beitrag zum Erfolg des Wettbewerbs. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt den erfahrenen Moot-Teilnehmenden Alicia Albrecht, Moritz Hahn, Louis Strelow und Henri Heising, die bei der Bewertung der Vorrunden eine große Unterstützung waren.
Ein ganz besonderes Dankeschön geht an Professorin Marah McLeod für ihre unglaublich großzügige Unterstützung bei der Bewertung des Grand Finals. Ihr wertvolles und detailliertes Feedback an die Finalist:innen war einfach unbezahlbar.
Wir freuen uns jetzt schon sehr auf die nächste Ausgabe des Wettbewerbs und darauf, die Mooting-Tradition an der Bucerius Law School weiterzuführen und auszubauen.