Nach zwei Jahren Pandemie konnten die Veranstalter der Tagung – die Fachzeitschrift medstra, der WisteV-Arbeitskreis Medizinstrafrecht, das Institut für Medizinrecht (IMR) und der Wirtschaftsstrafrechtliche Gesprächskreis der Bucerius Law School – erstmals wieder Gäste vor Ort im Audimax der Bucerius Law School empfangen, wobei die Tagung parallel auch über zoom übertragen wurde. Das Thema der Tagung war die Rolle der Krankenkassen im Strafverfahren – ein hochkomplexes Feld, das auch über den Abend hinaus noch zahlreiche weitere diskussionswürdige Themen bietet, wie der Organisator Professor Dr. Karsten Gaede (Geschäftsführender Direktor des IMR sowie Schriftleiter der medstra) betonte.
Für den Abend waren die Fragenkreise ausgewählt worden, welche die wohl größte praktische Relevanz entfalten. Den Auftakt aus der Perspektive der Kassen selbst machte der langjährige Leiter des Fachbereichs Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei der AOK Nordwest, RA Dr. Jürgen Mosler. Er vermittelte in seinem Vortrag einen Überblick über Aufbau und Funktion der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen und wie diese mit verschiedenen Formen von Verstößen auch im Angesicht bestehender strafrechtlicher Handlungsmaßstäbe umgingen. Im zweiten Teil der Tagung beleuchtete GStA a.D. Dr. Kirsten Graalmann-Scheerer Probleme bei der Vermögensabschöpfung im Gesundheitswesen, insbesondere im Entschädigungsverfahren nach § 459h StPO. Abgerundet wurde die Tagung mit zwei Vorträgen aus der Perspektive der Verteidigung: RA Dr. Karolina Kessler widmete sich der Akteneinsicht und der Auskunft, die Gesetzliche Krankenkassen unter Umständen bereits früh, aber nicht grenzenlos im Strafverfahren erhalten dürfen. RA Professor Dr. Michael Tsambikakis, Mitglied des akademischen Beirats des IMR und Gründungsherausgeber der medstra, analysierte verschiedene Verteidigungsstrategien mit und gegen die Krankenkassen.
Das große Interesse der Teilnehmer an dem Thema zeigte sich auch in den angeregten Diskussionen, die die einzelnen Tagungsabschnitte umrahmten. Da der Zuhörerkreis in etwa gleich verteilt aus verteidigenden Rechtsanwälten und ermittelnd tätigen Personen der Krankenkassen und der Strafverfolgungsorgane bestand, entstand eine produktive und vielschichtige Debatte.