Medien im Zeitalter des Populismus: Zwischen Neutralität und Verantwortung

Wie Journalist:innen mit populistischen Bewegungen umgehen und welche Rolle die Politik dabei spielt

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Am 19. Februar versammelten sich im Helmut-Schmidt-Auditorium auf Einladung des Studium generale der Bucerius Law School rund 350 Gäste, um an einer Diskussionsveranstaltung teilzunehmen, die sich mit einem der drängendsten Themen der heutigen Zeit auseinandersetzte: der Rolle der Medien im Kontext des Populismus. Mit der bevorstehenden Bundestagswahl und dem Aufstieg populistischer Bewegungen, insbesondere der AfD, war das Interesse an dieser Diskussion besonders hoch. 

Die öffentliche Abendveranstaltung bildet den Abschluss des diesjährigen „Journalistischen Kolloquiums“ im Rahmen des Studium generale.Im Journalistischen Kolloquium beschäftigten sich Studierende der Bucerius Law School mit dem vielfältigen Zusammen- und Wechselspiel von Demokratie, Recht und Journalismus. Das Seminar leitete Heinrich Wefing, unter anderem wurde auch der Frage nachgegangen, warum es reizvoll sein kann, als Jurist:in mit Freude am Schreiben und wachem politischem Interesse den Weg in den Journalismus zu gehen.

Professor Dr. Michael Grünberger, Präsident der Bucerius Law School, eröffnete den Abend mit einem eindringlichen Appell für rationalen Diskurs und betonte die Bedeutung des Respekts für unterschiedliche Perspektiven. „Rationaler Diskurs bedeutet, anzuerkennen, dass auch die andere Seite recht haben kann“, erklärte er. Professor Manuel J. Hartung, Vorsitzender des Vorstands der Zeit-Stiftung-Bucerius, betonte, dass Journalist:innen nicht lediglich als Teil einer vierten Gewalt fungieren sollten. Vielmehr liegt ihre wesentliche Aufgabe darin, die anderen drei Gewalten kritisch zu hinterfragen und zu analysieren.
In der anschließenden Paneldiskussion, moderiert von Dr. Heinrich Wefing, Ressortleiter des Politikteils der Zeit, standen die Herausforderungen im Vordergrund, die sich aus dem Aufstieg populistischer Parteien ergeben. Wefing lenkte die Aufmerksamkeit auf die Fragilität der Institutionen in der heutigen Zeit und wies darauf hin, dass das Vertrauen in Medien und Justiz stark gefährdet ist.

Anne Hähnig, leitende Redakteurin von Zeit-Online, vertrat die Auffassung, dass die AfD wie jede andere politische Partei behandelt werden sollte. Ihre Aufgabe als Journalistin sei es, objektiv und sachlich zu berichten, ohne eine parteipolitische Agenda zu verfolgen. 
Maximilian Steinbeis, Herausgeber des Verfassungsblogs, stellte diese Sichtweise in Frage. Er argumentierte, dass die spezifischen Strategien der AfD, die darauf abzielen, demokratische Institutionen zu delegitimieren, nicht ignoriert werden dürften. „Ein blinder Anspruch auf Neutralität könnte die Gefahren des Populismus verkennen“, warnte er und forderte eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten.
Peter Müller, ehemaliger Ministerpräsident des Saarlandes und Richter am Bundesverfassungsgericht, führte die Diskussion zurück auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Journalismus. Er betonte die Bedeutung von Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes, der die Meinungsfreiheit sowie die Pressefreiheit garantiert und damit die Basis für einen pluralistischen demokratischen Diskurs schafft. „Wir müssen auch die Positionen der AfD sachlich darstellen, um die Meinungsvielfalt zu gewährleisten“, forderte Müller. Steinbeis konterte jedoch, dass es problematisch sei, falsche Informationen einfach nur zu berichten, ohne kritisch zu hinterfragen. „Wie gehen wir mit Lügen und 2 Menschenrechtsverletzungen um?“ fragte er und stellte die Herausforderung in den Raum, wie Medien hier ihrer Verantwortung gerecht werden können.

Die Diskussion führte auch zur Frage eines möglichen Verbots der AfD. Die Experten waren sich einig, dass ein solches Verbot in der Praxis schwer umsetzbar wäre und nicht die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Probleme lösen würde, die viele Menschen zur AfD treiben. Stattdessen sollte die politische Auseinandersetzung auf Basis der Positionen und der dahinterstehenden Anliegen geführt werden.
Hähnig kritisierte die politischen Entscheidungsträger dafür, grundlegende Probleme nicht anzugehen und stellte die provokante Frage, ob Politiker nicht das Recht selbst gestalten sollten, anstatt sich hinter den bestehenden Rahmenbedingungen zu verstecken. Steinbeis ergänzte, dass die Herausforderungen nicht nur nationaler, sondern auch internationaler Natur seien, und wies auf völkerrechtliche Verpflichtungen hin, die der deutsche Staat eingegangen ist. Diese seien entscheidend, um etwa Migration effektiv steuern zu können.
Abschließend führte Hähnig aus, dass die Wähler oft für eine Politik der Abschottung optieren, weil sie nicht sehen, dass internationale Zusammenarbeit tatsächlich bessere Ergebnisse liefern kann. „Diejenigen, die für internationale Zusammenarbeit sind, müssen den Beweis erbringen, dass dies die bessere Politik ist“, erklärte sie.

Die Veranstaltung bot einen tiefen Einblick in die Herausforderungen, vor denen Journalist:innen im Umgang mit populistischen Bewegungen stehen. In einer Zeit, in der das Vertrauen in die Medien unter Druck steht, bleibt die zentrale Frage, wie Journalit:innen ihrer Verantwortung gerecht werden können, ohne ihre Unabhängigkeit zu gefährden. Diese Diskussion ist besonders für die Studierenden der Bucerius Law School, als angehende Jurist:innen sehr bedeutsam. Ihre Fähigkeit, informierte und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, wird entscheidend sein für die Zukunft einer demokratischen Gesellschaft im Angesicht des Populismus.

Text

ZSP/Josephine Anna Laufs

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