Das ist: Jannes – Praktikant bei rugekrömer

Jurastudent*innen der Bucerius Law School absolvieren zwei Praktika um Einblicke in die Rechtspraxis zu erhalten. Hier berichten sie darüber.

News DE / Lehre & Studium |

Wo hast du dein Einführungspraktikum verbracht? 

Mein Einführungspraktikum habe ich bei rugekrömer Arbeitsrecht, einer Arbeitsrechtsboutique in Hamburg absolviert.

Ich habe mich dabei bewusst gegen eine Großkanzlei entschieden, um mich an die Praxiswelt vorsichtig heranzutasten. In Verbindung mit anderen Erfahrungsberichten und insbesondere meinem Vertiefungspraktikum in einer Großkanzlei kann ich diese Herangehensweise wärmstens empfehlen.

 

Wie ist die Atmosphäre in einer Boutiquekanzlei? 

Ich kann natürlich nur für rugekrömer sprechen. Die Atmosphäre dort war – wie erwartet – familiär. JedeR kennt jedeN, alle Türen stehen dort (tatsächlich) – sofern nicht telefoniert wird – immer offen. Die Wege sind kurz und man gewinnt schnell den Eindruck, mitten im Kanzleileben zu stecken.

Gerade für das Einführungspraktikum finde ich es optimal, dass die kanzleiinternen Vorgänge sehr schnell überblickt werden können. Ich war zudem – und ich nehme an, das trifft auch auf andere Boutiquen zu – der einzige Praktikant. Zwar hätte ich Gesellschaft anderer Praktikanten sicherlich genossen, andererseits kam so ein intensiver und einzigartiger Austausch mit Anwälten und Partnern zustande. 

 

Welche Schwierigkeiten sind dir während des Praktikums begegnet? 

Eine der größten Schwierigkeiten ist sicherlich die Hemmung, nicht nur einmal, sondern auch zwei- und bei Bedarf auch öfter nachzufragen, wenn ein Auftrag nicht richtig verstanden wurde. Das ist zwar im ersten Moment unangenehm, steigert allerdings die Produktivität enorm – was beiden Seiten zugutekommt. Die Gründe für Nachfragen sind vielfältig und im Gros der Fälle absolut berechtigt.

 

In welchem Rechtsgebiet hast du vorwiegend gearbeitet? 

Das Rechtsgebiet war Arbeitsrecht. Sehr intensiv habe ich an Kündigungsschutzsachen, Vertragsausflöungsfragen und allen sonstigen erdenklichen Problemen, die im Kontext eines Arbeitsvertrags auftreten können, – gearbeitet.

 

Was hat dir an diesem Rechtsgebiet besonders gefallen? 

Die Relevanz des Arbeitsrechts ist nicht hoch genug zu schätzen: Während niemand ernsthaft hofft, mit dem Strafrecht in Berührung zu kommen und auch große Teile des öffentlichen Rechts für NichtjuristInnen nur punktuell interessant werden, bestimmt die Arbeit unseren Alltag (oder eben nicht). JedeR wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einmal Erfahrungen mit dem Arbeitsrecht machen. Die entsprechende Nähe zum Alltäglichen, Existentiellen und sogenannten Eingemachten ist mithin vorprogrammiert. Das hat das Arbeitsrecht für mich besonders reizvoll gemacht.

Während des Praktikums bestätigte sich in Mandantengesprächen und Gerichtsterminen der Eindruck dieses spannungsgeladenen Feldes. Auch die Anwälte und Richter wissen, dass es um die Wurst geht. Spätestens als ich den Entwurf einer Abmahnung anfertigte, spürte ich, dass Arbeitsrecht beim besten Willen keine Lappalie ist.

Schließlich sind da noch die zahlreichen Gerichtsprozesse, an den ich auszugsweise teilhatte. Ich habe mir sagen lassen, dass dies eine Besonderheit des Arbeitsrechts ist – eine Besonderheit, die das Praktikum sicherlich noch interessanter gemacht hat. Hier hat sich für mich besonders ausgezahlt, nicht in eine der großen Wirtschaftskanzleien gegangen zu sein.

 

Reicht ein Jahr Studium aus, um die Vorgänge in der Kanzlei zu verstehen?

Das ist natürlich eine Suggestivfrage. Und wie erwähnt geht sie auch in die richtige Richtung. Nach einem Jahr hat man noch nichts von Prozess- geschweige denn von Berufsrecht gehört. Mich hat die eher untergeordnete Rolle des materiellen Rechts anfangs geschockt!

Ich bin davon überzeugt, dass die Boutiquegröße dabei geholfen hat, an typische anwaltsberufliche Abläufe heranzuwachsen. Es ist jedoch zuzugeben, dass die Inhalte des Grundstudiums auch nach zwei oder mehr Jahren nicht auf  kanzleiinterne Zeiterfassungssysteme oder Abrechnungen nach dem RVG vorbereiten. Erst recht nicht auf die Anwendung vielfältiger (und über die gängigen Officeprogramme hinausgehender) EDV-Programme und Know-how-Ressourcen.

 

Was war der größte Unterschied zum Unialltag? 

Der Unialltag – zumindest meiner – ist am Ende doch deutlich abwechslungs- und bewegungsreicher. Macht man erstmal regelmäßig von der studentischen Freiheit, seinen Tag flexibel gestalten zu können, Gebrauch, kann einen die Unfreiheit in der Zeiteinteilung, die sicherlich ein realistisches Bild vom Berufsleben zeichnet, durchaus treffen.

 

Inwiefern hat Dir das Praktikum weitergeholfen?

Das Praktikum hat mir einen sehr realistischen und tiefgreifenden Einblick in das Berufsbild des Anwalts gegeben. Das betrifft Arbeitszeiten, inhaltliche Arbeit, Form, Abläufe und vieles mehr. Diese Erkenntnisse werden sehr sicher zu meiner Entscheidungsfindung beitragen. Insofern war das Praktikum sehr gelungen.

Einen Hinweis möchte ich allerdings noch geben: Ich habe im gleichen Sommer am Soldan Moot Court teilgenommen. Dort habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht, denn auch dieser Moot Court hat zum Ziel, auf die anwaltliche Praxis vorzubereiten. Wer sich also vorstellen kann, an diesem Moot Court teilzunehmen, der kann auch ein Praktikum anderswo als in einer Anwaltskanzlei wählen, und so das Erfahrungsspektrum maximieren.

 

Jannes, vielen Dank für das Interview.

NEWSLETTER

Der "Newsletter der Bucerius Law School" informiert ca. zweimonatlich über Neuigkeiten aus der Bucerius Law School und Termine.