Künstliche Intelligenz in der Zivilgerichtsbarkeit

Am 03. und 04.11.2022 fand ein weiteres Seminar der Law and AI Research Group (LARG) statt.

Forschung & Fakultät |

Das dritte Seminar der LARG in diesem Jahr befasste sich mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz in gerichtlichen beziehungsweise außergerichtlichen Verfahren. Promovierende, PostDocs und auch interessierte Praktiker kamen zusammen, um über die theoretische Einsatzmöglichkeiten, rechtlichen Grenzen und auch praktischen Beispiele zu diskutieren und sich bezüglich der eigenen Forschungsansätze und Ideen auszutauschen. Organisiert wurde das Seminar von der Leiterin der LARG, Dr. Sophie Burchardi, sowie Yannek Wloch, Maren Woebbeking und Charlotte Peters.
 

Internationale und interdisziplinäre Vorträge aus Forschung und Praxis

Nach einer Begrüßung durch die OrganisatorInnen des Seminars eröffnete Christian Merz von IBM das Seminar mit einer spannenden Vorstellung der Systeme FRAUKE und OLGA, zwei KI-basierten Systemen, die am AG Frankfurt beziehungsweise am OLG Stuttgart zur Unterstützung des Richters bei der Urteilsausarbeitung erprobt werden. Der Blick in die gerichtliche Praxis zeigte den Teilnehmenden die staatlichen Ambitionen und Bestrebungen in diesem Bereich auf.


Im Anschluss erläuterte Ludwig Bull, CEO von Courtcorrect, die Ansätze für eine möglichst weitgehende Automatisierung der außergerichtlichen Streitbeilegung am Beispiel seines eigenen Unternehmens. Dr. Dovile Baryse von der Universität Vilnius in Lettland ermöglichte uns einen Einblick in ihre Forschung zu der sozialen Akzeptanz der Nutzung Künstlicher Intelligenz in gerichtlichen Verfahren aus psychologischer Perspektive.

Abgerundet wurde der erste Tag durch ein im Kooperation mit dem Network for Artificial Intelligence & Law (NAIL) ausgerichteten Vortrag von Prof. Dr. Tanel Kerkmäe und Prof. Dr. Thomas Hoffmann von der TalTech Universität in Talinn, Estland, über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren in Estland.

Der zweiten Seminartag begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg über die Digitalisierung und den Einsatz von KI im staatlichen Zivilprozess. Im Rahmen dessen stellte sie unter anderem erste Schlussfolgerungen aus ihrer unter anderem gemeinsam mit der ebenfalls anwesenden Monika Nöhre (Präsidentin des Kammergerichts a.D.) durchgeführten Studie zum Rückgang der Klageeingangszahlen in der Zivilgerichtsbarkeit vor. Passend dazu endete das Seminar mit dem Vortrag von Richter Jan Mysegades vom Amtsgericht Hamburg über Software als Beweiswerkzeug.



Vorträge durch LARG Mitglieder

Auch zwei Mitglieder der LARG – Yannek Wloch und Charlotte Peters – stellten im Rahmen ihrer jeweiligen Vorträge Teilaspekte aus ihren Dissertationen vor. Yannek Wloch befasst sich im Rahmen seiner Forschung mit dem Einsatz von KI in gerichtlichen Verfahren. Der Vortrag bezog sich dabei auf die Entscheidungsfindung durch künstlich neuronale Netzwerke im Hinblick auf Art. 97 GG. Charlotte Peters forscht zu den Einsatzmöglichkeiten und rechtlichen Grenzen von Algorithmen im Schiedsverfahren und widmete sich in ihrem Vortrag der Frage, ob eine Künstliche Intelligenz als Entscheidungsträger im Hinblick auf die zwingenden Verfahrensgrundsätze zulässig wäre.

 

Austausch und Ausklang bei gemeinsamem Abend- und Mittagessen

Im Anschluss an die jeweiligen Vorträge wurden interessierte Nachfragen beantwortet und angeregt diskutiert. So entstanden Diskussionen, die inhaltlich von dem Bedürfnis nach KI-Systemen bei Gericht über die technischen Grenzen von KI im Hinblick auf die Anforderungen an Entscheidungsträger bis hin zur Frage nach der Verfassungsrechtlichen Behandlung von KI reichten. Insbesondere für die Referenten ergab sich so die Möglichkeit, Feedback sowie Denkanstöße aus der Praxis zu erhalten und eigene Ideen auf ihre Pausibilität und Praxistauglichkeit hin zu überprüfen.

Die lebhaften Diskussionen wurden bei einem gemeinsamen Abendessen im Terzetti am Donnerstag und einem Abschlusslunch im Opera am Freitag in gemütlicher Runde fortgesetzt. Hier bestand die Möglichkeit in lockerem Rahmen das Gespräch mit den Vortragenden oder anderen LARG Mitgliedern zu suchen und neue Kontakte zu knüpfen.

Die OrganisatorInnen und die LARG danken dem interdisziplinären Programm für rechtswissenschaftliche Forschung an der Bucerius Law School für die finanzielle Unterstützung der Veranstaltung, ohne die das Seminar nicht möglich gewesen wäre.

Text

Charlotte Peters

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