Seit Februar 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union (EU) ausgetreten. Diese „ideologische Entscheidung“, wie die Professoren Hans-Bernd Schäfer und Jörn Axel Kämmerer den Brexit nennen, zieht einige Konsequenzen nach sich.
Wie sich das auf die Rechtsprechung, den Waren- und Finanzverkehr sowie den Sonderfall Nordirland auswirkt, war Gegenstand einer von Prof. Schäfer und Prof. Kämmerer organisierten Tagung.
Rechtsprechung und Wirtschaft
Die interdisziplinäre Tagung beschäftigte sich mit den ökonomischen und juristischen Konsequenzen des Brexits. Da ist beispielsweise das sogenannte Passporting, das Banken und Finanzdienstleistern aus der EU Freizügigkeit ermöglicht.
Prof. Kämmerer vergleicht Passporting mit einem Generalschlüssel: „Mit diesem öffnen sich viele Türen.“ Der Finanzstandort London hatte auch deshalb florieren können, weil er für Banken und Finanzdienstleister außerhalb der EU den Zugang zur Union bedeutet hatte. „Diese Unternehmen könnten nun gut beraten sein, stattdessen nach Amsterdam, Frankfurt oder Paris zu gehen“, sagt Prof. Schäfer.
Herausforderungen und Perspektiven
Großbritannien steht auch sonst vor vielen verschlossenen Türen. Das Versprechen des „Global Britain“, der weltweiten Zusammenarbeit mit großen außereuropäischen Volkswirtschaften, wird sich kaum erfüllen. „Selbst ein Freihandelsabkommen kann gut und gern mal sieben Jahre dauern“, so Prof. Kämmerer.
Die britische Autonomie ist Privileg und Bürde zugleich. „Sie dürfen und müssen nun mit Staaten und Staatenverbünden über Abkommen reden“, so Prof. Kämmerer. Mit der EU gab es zähe Verhandlungen, die noch lang nicht abgeschlossen sind.
Besondere Herausforderungen für Nordirland
Die Sonderstellung Nordirlands stellt eine weitere komplexe Herausforderung dar. Das Karfreitagsabkommen von 1998 sieht vor, dass die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland offen bleibt.
Nordirland steht nun außerhalb der EU, während die Republik Irland Mitglied bleibt. Die innerhalb der Insel verlaufende Staatsgrenze wird, weil keine Zollunion mehr besteht, zur Zollgrenze.
Ernüchternde Bilanz und Ausblick
Das große Versprechen des Brexits war, das Vereinigte Königreich in eine wirtschaftliche Hochphase zu führen. Doch über drei Jahre nach dem Austritt ist die Bilanz ernüchternd.
Die Effekte des Brexits sind schwerwiegender als von unabhängigen Wissenschaftlern prognostiziert. Der Schlüssel zur EU ist weg, die Tür ist zu. Vorerst. Denn Prof. Kämmerer wagt eine Prognose: „Es sind erste Tendenzen erkennbar. Irgendwann werden die Briten wieder an die europäische Tür klopfen.