Seit April 2020 ist Professor Christoph Kumpan am neuen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Kapitalmarktrecht. Er ist froh, dass er hier interdisziplinär arbeiten kann – und sagt: Hamburg ist wie Nachhausekommen. Ein Beitrag aus dem Forschungsheft 2021/22 der Bucerius Law School.
Wechsel von Halle nach Hamburg: Bereits frühere Verbindungen zur Hochschule
Trotz turbulenter Zeiten hat es nicht lange gedauert, bis er sich eingelebt hat: „Die Kollegen haben mich toll aufgenommen – obwohl es mit Corona eine besondere Situation war und das digital nicht so leicht ist“, sagt Christoph Kumpan, der am 1. April 2020 den neuen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Kapitalmarktrecht an der Bucerius Law School angetreten hat. Dafür ist er nach Hamburg gekommen – aus Halle, wo er zuvor Professor an der Martin- Luther-Universität und Direktor des Instituts für Wirtschaftsrecht war.
Dem Ruf an die Bucerius Law School zu folgen, war für ihn eine einfache Entscheidung. Während seiner Zeit am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg von 2000 bis 2012 waren die Verbindungen schon ausgeprägt: „Ich war oft bei Tagungen oder Konferenzen an der Bucerius Law School. Das aktive Leben und der lebendige Diskurs, die hier herrschen, haben mich damals schon sehr fasziniert“, sagt er.
Forschung zu Leerverkäufen und Familienunternehmen
Auch inhaltlich freut er sich auf die weitere Arbeit in Forschung und Lehre. In den Jahren 2020 und 2021 hat er sich mit Leerverkäufen in der Pandemie beschäftigt und untersucht, wie die Aufsichtsbehörden einzelner Länder damit umgingen. Obwohl die Leerverkaufsverordnung europaweit einheitlich geregelt ist, reagierten einige südliche Länder mit Verboten, während Deutschland entgegen seines sonst üblichen Ansatzes weniger strikt vorging: „Überraschend war, dass die Länder, die mit Verboten vorgingen, damit nicht viel besser fuhren und ihr Vorgehen auch nicht zu mehr Sicherheit beigetragen hat.“
Einer von Christoph Kumpans Schwerpunkten liegt auch im Thema Familienunternehmen, vor allem in der Frage, welche Regelungen bei Nachfolge und Unternehmensübergabe gelten, beziehungsweise, wie sie verändert werden könnten. Diesen Themen widmet er sich im Rahmen des Notarrechtlichen Zentrums Familienunternehmen, zu dessen Direktor er gerade ernannt wurde.
KI und Recht: Herausforderungen…
Ein weiteres Gebiet, zu dem Christoph Kumpan gerade forscht und das ihm sehr am Herzen liegt, ist das Thema künstliche Intelligenz (KI). „Ich habe mich schon früher mit KI beschäftigt, aber das Phänomen der Robo-Advisor, also intelligente Algorithmen, die selbstständig Geld anlegen können, hat das Thema für mich jetzt wieder ganz aktuell gemacht.“ Ein Problem, das ihn bei den Robo-Advisors beschäftigt, ist die Marktmacht, die ein Algorithmus künftig erreichen könnte, wenn er für viele Anleger auf einmal tätig wird. Dadurch hätte er wahrscheinlich sogar die Möglichkeit, Wertpapierkurse zu beeinflussen.
Die aufsichtsrechtliche Regelung sei hier eine der großen Herausforderungen. „In Bezug auf KI kommt dem Recht eine große Aufgabe zu und das Spannende ist, hier mitzuerleben, wie sich ein neues Phänomen entwickelt und wie das Recht darauf reagiert. Hier müssen wir das Recht begleitend entwickeln und von Anfang an die Weichen richtig stellen“, sagt Christoph Kumpan.
… und Entwicklungspotentiale.
Auch die Frage, inwieweit man Vertrauen in künstliche Intelligenz haben kann und sollte, treibt ihn um. Weil für Christoph Kumpan das Thema längst nicht abgeschlossen ist, hat er eine Veranstaltung dazu gehalten, betreut einige Doktorarbeiten und eine Habilitation zu angrenzenden Themen und startet gerade eine Kooperation mit der Universität Hamburg zu „Künstliche Intelligenz und Recht“.
Weil er KI außerordentlich wichtig findet, hat er auch schon Gedanken, die weiter in die Zukunft reichen: „Ich kann mir ein Institut zum Thema KI und Recht vorstellen, in das auch Unternehmen eingebunden werden könnten, ein Doktorandenkolleg oder regelmäßige Konferenzen, so dass die Bucerius Law School ihren Fingerprint darauf setzt und in Norddeutschland ein Anlaufpunkt und Wissenschafts-Hub für KI werden kann“, sagt Christoph Kumpan.
Vermittlung von Forschungsergebnissen: „Der Kapitalmarkt geht jeden etwas an“.
Die Ergebnisse dieser Forschung auch der Öffentlichkeit zu vermitteln und verständlich zu machen, ist ihm sehr wichtig: Das hat er unter anderem in einer Folge von „Fofftein“, der You- Tube-Reihe der Bucerius Law School, getan, in der er den Wirecard-Skandal auch für die juristisch nicht vorgebildete Öffentlichkeit erklärt hat.
Über solche Vorgänge und den Kapitalmarkt an sich zu informieren, hält er für überaus wichtig, weil es jeden angeht. „In Deutschland wird viel zu sehr unterschätzt, was man über den Kapitalmarkt bewegen kann. Wenn ich beispielsweise in Unternehmen für grüne Energie investiere, bin ich nicht nur als Nachfrager, sondern auch als Mitgestalter unterwegs: Dann fördere ich mit meinem Geld Unternehmen für grüne Energie und beeinflusse damit, dass sich da etwas bewegt“, sagt Christoph Kumpan.