Prof. Dr. Dr. h.c. Axel Kämmerer ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht an der Bucerius Law School. Im Gespräch bei 5 Minuten mit erzählt er, warum die Europäische Union so einzigartig ist und warum er bei Gründung der Bucerius Law School in Containern unterrichtet hat.
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5 Minuten mit: Prof. Jörn Axel Kämmerer
Prof. Jörn Axel Kämmerer spricht über die Anfänger der Bucerius Law School und was die Europäische Union mit einem Schnabeltier gemein hat - #19.
Anfänge an der Hochschule
Prof. Dr. Axel Kämmerer ist seit dem Jahr 2000 an der Bucerius Law School tätig und zählt zu den Pionieren, die die Hochschule von Beginn an maßgeblich mitgeprägt haben. Er erinnert sich an die Anfangszeit, die er als eine Art „Zeltlageratmosphäre“ beschreibt. Damals gab es noch keine festen Strukturen, und die Arbeitsbedingungen waren teils improvisiert – es wurde sogar in Containern und provisorischen Räumen unterrichtet.
Kämmerer selbst hielt Vorlesungen in einem Restaurantsaal, da der erste Hörsaal der Hochschule noch im Bau war. Diese Erfahrungen prägten ihn und ließen ihn die Besonderheit des Aufbaus der Hochschule schätzen. Er war nicht nur Beobachter, sondern auch aktiver Gestalter dieser Entwicklung. „Wir haben gerungen, gekämpft, Kämpfe ums Recht, um unsere Orte, um unsere Struktur“, so beschreibt Kämmerer die ersten Jahre.
Der Weg in die Rechtswissenschaft
Der Weg von Prof. Kämmerer in die Welt des Rechts war keineswegs vorgezeichnet. Er selbst spricht von einer anfänglichen Unsicherheit, in welche Richtung er sich beruflich entwickeln wollte. Letztendlich entschied er sich für Jura, obwohl ihm dieses Gebiet zu Beginn noch fremd war. Es war diese Ungewissheit, die ihn reizte, und die Neugier auf das Unbekannte trieb ihn an.
Besonders faszinierend findet er das Europarecht. Für Kämmerer ist dieses Rechtsgebiet besonders spannend, weil es sich keiner klaren Einordnung unterwirft. In einer seiner Vorlesungen für internationale Studierende stellte ihm ein australischer Student die Frage, was die Europäische Union eigentlich sei. Kämmerers Antwort lautete, dass die Europäische Union wie ein Schnabeltier sei – schwer einzuordnen und doch in ihrer Einzigartigkeit faszinierend.
Dieses Bild verdeutlicht, wie er die EU als eine Organisation wahrnimmt, die sich keiner herkömmlichen Systematik unterwerfen lässt, aber genau dadurch besonders wird.
Die Bedeutung des Europarechts
Für Kämmerer spielt das Europarecht eine entscheidende Rolle in der modernen Welt, da die Europäische Union in nahezu alle Lebensbereiche hineinwirkt. Er betont, wie wichtig es ist, die Gesetzmäßigkeiten und die Organisation der EU zu verstehen, da man nicht ohne dieses Wissen auskommt.
Die Flexibilität und Dynamik, die das Europarecht auszeichnen, schätzt er besonders. Kämmerer betont jedoch auch, dass nicht alles, was er sich vornimmt, sofort umgesetzt werden kann, doch die Möglichkeiten und die Perspektiven, die das Recht bietet, empfindet er als äußerst wertvoll.
Pionierarbeit an der Bucerius Law School
Ein besonderes Highlight in Kämmerers Karriere an der Bucerius Law School war, dass er die erste offizielle Vorlesung überhaupt an dieser Hochschule hielt. Diese Rolle, gemeinsam mit der Tatsache, dass er den Aufbau der Hochschule miterlebt und mitgestaltet hat, lässt ihn mit einer gewissen Nostalgie auf die Anfangszeit zurückblicken.
Er und seine Kolleg:innen, die ebenfalls seit den Gründungstagen dabei sind, fühlen sich als etwas Besonderes, weil sie von Beginn an dabei waren. Auch die ersten Studierendenjahrgänge sieht er als etwas Einzigartiges, da sie gemeinsam mit der Fakultät gewachsen sind und die Entwicklung der Hochschule maßgeblich mitgeprägt haben.
5 MINUTEN MIT
In der Videoreihe: "5 Minuten mit" stellen wir unsere Professor:innen vor. Was für einen Lehrstuhl haben sie inne und an welchen Schwerpunkten arbeiten Sie? Uns interessiert jedoch genauso sehr, was unsere Professor:innen für Menschen sind. Was steckt hinter dem Lehrstuhl? Was fasziniert sie an der Hochschule und an Hamburg besonders? All das und noch viel mehr beantworten wir in "5 Minuten mit". Hier geht's zu allen Folgen:
Eine besondere Hochschule
Die Bucerius Law School hebt sich in Kämmerers Augen von anderen juristischen Fakultäten ab. Sie ist kompakt und überschaubar, was ihrer Qualität jedoch keinen Abbruch tut. Im Gegenteil: Die Hochschule ist für ihre hohe akademische Qualität bekannt, und die Studierendenauswahl erfolgt auf einem sehr hohen Niveau.
Dies ermöglicht es den Lehrkräften, auf einem anderen Level zu arbeiten als an vielen anderen Universitäten. Kämmerer schätzt zudem die kurzen Wege und die Flexibilität, die die Bucerius Law School bietet. Trotz der bürokratischen Einschränkungen, die auch hier vorhanden sind, kann er viele seiner Vorstellungen relativ schnell umsetzen.
Herausforderungen und Erfolge
Kämmerer sieht in der Bucerius Law School eine Hochschule, die stets unter einem gewissen Druck steht. Dieser Druck ergibt sich zum Teil aus dem Ehrgeiz der Studierenden, die ihr Studium so schnell wie möglich abschließen möchten.
Zwar ist dieser Ehrgeiz auch ein Erfolgsfaktor der Hochschule, doch manchmal wünscht sich Kämmerer, dass etwas mehr Ruhe einkehren würde. Trotzdem sieht er die Hektik und den Druck als festen Bestandteil der DNA der Bucerius Law School.
Das Ringen um das Recht
Für Kämmerer ist das Ringen um das Recht ein zentraler Bestandteil der Rechtswissenschaft und der Rechtspraxis. Er zitiert den Rechtsgelehrten Rudolf von Jhering, der sagte: „Im Kampfe sollst du dein Recht finden.“ Dieses Zitat mag in heutigen Ohren martialisch klingen, doch es drückt für Kämmerer die Essenz dessen aus, worum es im Recht geht: das ständige Ringen um die richtige Interpretation und die Suche nach der besten Lösung.
Text
Florian Helwich
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