Karsten Thorn ist Professor für Bürgerliches Recht, Internationales Privat- und Handelsrecht und Rechtsvergleichung. Er ist seit mehr als 20 Jahren an der Bucerius Law School tätig.
Im Gespräch bei “5 Minuten mit…” erzählt er von relevanten Fragen in seinem Forschungsbereich. Und er erklärt, was SLAPP-Klagen sind und warum sie eingedämmt werden sollen.
Vom Erstakademiker zum Wissenschaftler
Thorn hatte keine Vorbilder in der Familie, als er sich für ein Studium entschied, wurde aber von seinem schulischen Umfeld beraten. Jura hat er gewählt, weil der Beruf eine sichere Perspektive bietet und es seinen Fähigkeiten – logisches Denken, Kommunikation sowie Interesse an historischen und politischen Zusammenhängen – entgegenkam.
Sein Weg führte weiter in die Wissenschaft, wenngleich er bisweilen auch zweifelte. Rückblickend war es für Thorn dennoch die richtige Entscheidung. Seine Erkenntnis: „Forschende sind nicht faul, sondern neigen zur Selbstausbeutung“. Für Thorn bedeute die Tätigkeit als Wissenschaftler Freiheit, selbst zu entscheiden, wie und wofür er sich ausbeute. Nicht fremdbestimmt zu sein, empfinde er als großes Privileg.
Was macht das Handelsrecht spannend?
Thorn beschäftigt sich im Handelsrecht etwa mit dem Transaktionsrecht und der Frage, was Unternehmen und Einzelne eigentlich dürfen, wenn im Handel Güter und Dinge bewegt werden. Dies sei geprägt durch das Mehrebenenrecht, also einer Pluralität von Rechtsquellen. Gleichzeitig gehe der Trend zu mehr Privatisierung des Rechts. Ein weiterer Faktor, der im Handelsrecht eine Rolle spiele, sei die Prozessualisierung – also die Frage, wie Ansprüche durchgesetzt werden. Das alles sind für den Wissenschaftler spannende Fragen, die auch für die Wirtschaft ganz entscheidend sind.
5 MINUTEN MIT…
In der Videoreihe: "5 Minuten mit…" stellen wir unsere Professor:innen vor. Was für einen Lehrstuhl haben sie inne und an welchen Schwerpunkten arbeiten Sie? Uns interessiert jedoch genauso sehr, was unsere Professor:innen für Menschen sind. Was steckt hinter dem Lehrstuhl? Was fasziniert sie an der Hochschule und an Hamburg besonders? All das und noch viel mehr beantworten wir in "5 Minuten mit…". Hier geht's zu allen Folgen:
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SLAPP-Klagen im Fokus: Können Menschen durch Prozesse zu sehr belastet werden?
Aktuell arbeitet Thorn an der Kommentierung des internationalen Deliktsrechts, etwa in den Bereichen der Umwelt- (Stichwort: Klimaklagen) und Produkthaftung. Aktuell spielen auch „SLAPP“-Klagen eine wichtige Rolle. SLAPP ist die Abkürzung für „Strategic Lawsuit Against Public Participation" und bezeichnet Klagen, die nicht dazu geführt werden, einen Rechtsstreit zu gewinnen, sondern den:die Beklagte:n mit der Klage zu belasten. Thorn beschäftigt sich also mit der Frage, inwieweit Meinungsbildner:innen durch Prozessualisierung mundtot gemacht werden können?
Thorn erzählt von dem tragischen Beispiel der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia. Sie hatte einen Korruptionsskandal in der maltesischen Regierung aufgedeckt. Anschließend wurde sie bedroht und durch zahlreiche Verfahren in mehreren Ländern so sehr beschäftigt, dass sie nicht mehr zu ihrer eigentlichen Arbeit kam. Im Oktober 2017 wurde sie durch eine Autobombe ermordet.
Bei SLAPP-Klagen geht es im Kern darum, ob jemand mit Prozessen so sehr beschäftigt wird, dass er oder sie der eigentlichen Tätigkeit nicht mehr nachkommen kann. Problematisch dabei ist die Tatsache, dass gleichzeitig das Justizgewährungsrecht gilt. Thorn erforscht, wie man die Fälle identifizieren kann, in denen die Verfahren missbräuchlich eingesetzt werden und wie dies eingedämmt werden könnte.
Hamburg als Randlage
Thorn lebt in Luxemburg und Hamburg. Wenn er in Hamburg ist, genießt er die hohe Lebensqualität in dieser für ihn wunderschönen Stadt. Allerdings liegt für ihn Hamburg in einer Randlage, ganz anders als das Dreiländereck um die Region Trier, wo er zuhause ist. Er erzählt, wie dort ein gewöhnlicher Tag aussehen kann: vormittags reist er schon mal gemeinsam mit seinem Mann von seinem Zuhause in Luxemburg nach Deutschland, um seinen Vater in Trier zu besuchen und mittags mit allen gemeinsam in Frankreich Essen zu gehen. Ein normaler Tag im Dreiländereck.